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Berge des Wahnsinns (Hörspiel)  Drucken E-Mail
Hörbücher: Unterhaltung Horror
Geschrieben von Manuel Tants   
Samstag, 8. Januar 2011

Berge des Wahnsinns

Originaltitel: At the Mountains of Madness
Art der Lesung: Hörspiel
Medienanzahl: 2 CDs

44./45. Teil der Reihe

Erschienen: September 2010
ISBN: 978-3-7857-4386-7
Preis: 17,99 EUR
Inhalt
5.0
Sprecher
8.0
Bearbeitung
3.0
Preis/Leistung
7.0
Gesamtwertung
5.8

Wertung:
5.8
von 10
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Zum Inhalt:

Der Geologe William Dyer, ein Professor an der Miskatonic University, ist der Kopf einer großangelegten Expedition in die Antarktis. Dort entdecken die Forscher ein bisher unbekanntes Gebirge, mit Bergen höher als im Himalaya. Aber das ist nur der Anfang einer Reihe von atemberaubenden Entdeckungen. In einer Höhle stößt das Team auf Relikte einer vollkommen unbekannten Lebensform, die alles, was man bisher über die Evolution zu wissen glaubte, in völlig neuem Licht erscheinen lässt ...

Meinung:

Nach "Der Fall Charles Dexter Ward" erscheint in der "Gruselkabinett"-Reihe mit "Berge des Wahnsinns" erneut die Hörbuch-Adaption einer der längeren Geschichten von H.P. Lovecraft, und auch diesmal leidet die Umsetzung darunter, dass die dramaturgisch bedingten Kürzungen und Umstrukturierungen den sorgsam konstruierten Spannungsbogen der Original-Geschichte spürbar beeinträchtigen.

Howard Phillips Lovecraft hat "Berge des Wahnsinns" als pseudowissenschaftlichen, streng chronologischen Bericht des Geologen William Dyer angelegt, mit dem er vor allem eine zukünftige Antarktisexpedition vor dem unfassbaren Grauen warnen will, das er auf seiner eigenen Forschungsreise in dieses unwirtliche Gebiet entdeckt hatte. Diese Struktur ermöglicht es dem Autor, den Leser für die bizarren Entdeckungen der Wissenschaftler zu faszinieren und gleichzeitig durch geschickte Vorausdeutungen die Spannung subtil zu steigern. Allerdings eignet sich dieser bewusst sachliche und trockene Aufbau in der Tat nur bedingt für eine dialogreiche Hörspielfassung, und so wurde die Geschichte vom "Gruselkabinett"-Autor Marc Gruppe weitgehend umgeschrieben.

Zu den einschneidendsten Änderungen gehört dabei, dass der an der Expedition teilnehmende Biologe namens Lake im Hörspiel weiblich ist. Dr. Leni Lake sorgt dabei vor allem für ausgiebige Auseinandersetzungen um Geschlechterrollen mit dem Expeditionsleiter William Dyer. In der dargebotenen Form sind diese oberflächlichen Plänkeleien allerdings nicht nur für die Epoche, in der die Handlung spielt (1930/31), völlig unangemessen, sondern sie liefern auch zum Teil recht ausgedehnte Humoreinlagen, die der Grundstimmung einer Lovecraft-Adaption eher abträglich sind.

Die Drehbuchbearbeitung von Marc Gruppe führt zudem Dr. Lakes Assistentin Leslie Carroll ein, die mit Dyers rechter Hand Larry Danforth eine angedeutete Romanze eingeht, welche allerdings für die Handlung letztendlich keinerlei Bedeutung hat. Insgesamt verwendet das Hörspiel sehr viel Zeit für die Vorbereitung der Expedition, die Charakterisierung hinzuerfundener Figuren und die Anreise in die Antarktis, obwohl diese Elemente in der ursprünglichen Geschichte nur wenig Raum einnehmen. Dafür musste der eigentliche Mittelpunkt der Handlung, nämlich die faszinierenden Entdeckungen der Forscher im ewigen Eis, umso stärker eingekürzt werden, um die Gesamtlaufzeit von etwa 120 Minuten nicht zu überschreiten.

Zu den Höhepunkten der ursprünglichen Handlung gehört die ausgiebige Erforschung einer immensen Ruinenstadt durch Dyer und seinen Assistenten Danforth. Diese Passage währt im vorliegenden Hörspiel kaum 15 Minuten. Zum Vergleich: Bei der ungekürzten Hörbuch-Umsetzung in "H.P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens" nimmt diese Schilderung die Laufzeit von nahezu zwei CDs ein. Diese vollständige Fassung erlaubt dem Hörer, nach und nach immer tiefer in die faszinierende Historie der prähistorischen Erbauer der Stadt einzutauchen. Vor allem aber gibt sie auch den Protagonisten genügend Zeit, um ihre Erkenntnisse mehrfach neu zu interpretieren, sodass ihre Beweggründe dafür, immer tiefer in die verwinkelten Ruinen einzudringen, stets nachvollziehbar bleiben. In der Kurzversion des "Gruselkabinetts" hingegen sorgen die im Minutentakt willkürlich zwischen Forscherdrang und Fluchtgedanken wechselnden Standpunkte Dyers und Danforths lediglich dafür, dass die Charaktere unglaubwürdig werden.

Dennoch gelingt es dem Hörspiel gerade in der ersten Hälfte der zweiten CD, ein gewisses Maß an Atmosphäre aufzubauen. Das liegt zum einen am weitgehend gelungenen Einsatz von Soundeffekten und Musik, während Dyer, Danforth und Ingenieur Pabodie entdecken, welches grausame Schicksal ihren Kollegen widerfahren ist. Dabei ist es recht bemerkenswert, dass dies eine der wenigen Passagen ist, deren Ablauf gegenüber der Originalgeschichte praktisch nicht verändert wurde.

Zum anderen sind es die wirklich engagiert arbeitenden Sprecher, die sich redlich Mühe geben, ihren Charakteren trotz der mitunter dürftigen Dialoge Leben einzuhauchen. Besonders der charismatische, tiefe Klang der Stimme von Reiner Schöne, der die Hauptrolle übernimmt, trägt den Hörer über so manche Unzulänglichkeit dieser Hörspiel-Umsetzung hinweg. Auch Eckart Dux (Frank Pabodie) und Jan Panczak (Larry Danforth) überzeugen in ihren Rollen, während die Interpretation von Dr. Leni Lake durch Bettina Weiß ein wenig zu modern angelegt ist, was aber nicht ihrer Leistung, sondern in erster Linie der Regie anzulasten ist.

Fazit:

Es ist äußerst bedauerlich, dass "Berge des Wahnsinns", eine der atmosphärisch dichtesten Geschichten von H.P. Lovecraft, in der "Gruselkabinett"-Fassung durch die lieblose Bearbeitung geradezu entstellt wird. Auch die durchweg sehr gute Leistung der Sprecher kann diese Hörspielfassung leider nicht vollends retten. Die Kürzungen und Umstellungen zerstören den Spannungsbogen und lassen die Äußerungen der Figuren unglaubwürdig wirken, während die eingefügten Frauenrollen völlig unpassend für die dargestellte Epoche sind und lediglich dafür sorgen, dass oberflächlich-humoreske Geschlechterkonflikte von der eigentlichen Handlung ablenken. Somit ist die "Gruselkabinett"-Umsetzung von "Berge des Wahnsinns" für eingefleischte Lovecraft-Leser kaum zu empfehlen, und auch Hörer, die das Original nicht kennen, werden wohl höchstens phasenweise eine echte Gänsehaut erleben.
Weiterführende Infos

Hörprobe:

 
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