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Alpsommer  Drucken E-Mail
Bücher: Sachbuch Erlebtes & Reiseberichte
Geschrieben von Konstanze Tants   
Mittwoch, 7. Mai 2008

Alpsommer - Mein neues Leben als Hirtin

Erschienen: Februar 2008
ISBN: 978-3-431-03742-5
Preis: 18,95 EUR

288 Seiten
Inhalt
4.0
Preis/Leistung
7.0
Gesamtwertung
4.3

Wertung:
4.3
von 10
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Zum Inhalt:

Einmal einen Sommer allein auf der Alp verbringen, fern der Hektik unserer Städte - davon träumen viele. Ute Braun wagte es. Sie stieg aus und tauchte ein in eine bodenständige Welt voller Farben, Gerüche, Düfte, Licht und Leben - und musste anfangs hart um ihre Existenz kämpfen. Ein sinnliches und sinnvolles, aber auch arbeitsreiches und oft müheseliges Leben. Als Erstes muss sie die Angst vor dem Alleinsein überwinden. Dann lernen, mit Tieren umzugehen, deren Bedürfnisse zu erkennen. Die schlichte Hütte wird ihr zur Heimat. Eimer für Eimer schafft sie Quellwasser herbei. Mit viel Fantasie findet sie immer wieder Lösungen für den Alltag. Ihr aufrichtiger Bericht ist stets ganz nah bei den Realitäten des Lebens, im Rhythmus der Natur. Umso wertvoller erscheinen die träumerischen Momente ...

Meinung:

Ute Braun erzählt in "Alpsommer - Mein neues Leben als Hirtin" über ihren Alltag auf einem Schweizer Berghof. Vor über zwanzig Jahren hatte die Autorin das Bedürfnis, mal einen Sommer in der Abgeschiedenheit der schweizerischen Berge zu verbringen, ganz allein mit sich und den Tieren. Aus diesem einmaligen Sommerprojekt ist eine Lebenseinstellung geworden. Jedes Jahr von Mai bis Oktober zieht die Heilpraktikerin wieder hinauf auf die Alp, kümmert sich dort um die Kühe und Ziegen der im Tal lebenden Bauern und führt dabei ein Leben so nah an der Natur, wie es in unserer heutigen Zeit überhaupt nur möglich ist.

Bei einem solch ungewöhnlichen Lebensweg könnte man meinen, dass Ute Braun eine Menge über die interessanten Aspekte eines solch radikalen Wandels von der Großstadtpflanze zum Landmenschen zu erzählen hätte. Doch leider tut sie das in diesem Buch nicht. Der Leser erfährt gleich zu Beginn, dass Frau Braun schon lange auf der Suche nach der richtigen Arbeit für sich war. Sie hatte in keinem der Berufe, die sie lernte oder studierte, Befriedigung gefunden, bis sie ihren ersten Sommer auf der Alp erlebte.

Der Leser begleitet Ute Braun bei ihrem ersten Alpaufstieg. Vor ihr liegen lange Monate, die sie mit vielen Erwartungen und Ängsten in Angriff nimmt, und so sehr sie sich auf diesen Sommer freut, in dem sie zu sich finden möchte, so sehr fürchtet sich die junge Frau aus der Stadt auch. Sie hatte sich ihre ganze Kindheit hindurch vor Tieren gefürchtet, hatte nie Zugang zu ihren Mitgeschöpfen gefunden und sollte nun für die Kühe und Ziegen verschiedener Bauern verantwortlich sein.

Hätte die Autorin die Erzählung an diesem Punkt fortgesetzt und dem Leser die Möglichkeit gegeben, an ihrer Entwicklung teilzuhaben, ihre zwei Sommer Lehrzeit auf der Alp mitzuerleben und zu sehen, wie sie sich zu einer Hirtin mausert, der jedes Jahr wieder die Bauern ihre Tiere anvertrauen, dann hätte "Alpsommer" zu einer wirklich interessanten und befriedigenden Lektüre werden können. So hingegen springt Ute Braun willkürlich zwischen Erlebnissen hin und her, die irgendwann in den letzten zwanzig Jahren passiert und für den Leser chronologisch nicht einzuordnen sind. Dadurch bekommt man stets das Gefühl, dass in dieser Darstellung etwas ganz Entscheidendes fehlt.

Bei einer Hirtin, die ihr Leben mit Kühen verbringt, erwartet man keinen sentimentalen Umgang mit den Tieren. Aber wenn Ute Braun beschreibt, dass sie aus Versehen ein Kaninchen tötet, weil sie mit der Mistgabel danach wirft, dann fragt man sich schon, wo diese Frau in dem Moment ihren Verstand abgelegt hat. Von einigen ihrer Fehlversuche kann man nur noch mit fassungslosem Kopfschütteln lesen: Wie unsicher, dumm und unwissend muss ein Mensch sein, um einem Rat zu folgen, der vorgibt, dass man bei einer Entzündung Puderzucker in das Auge einer Kuh gibt.

Andere Experimente hingegen lassen ein verständnisvolles Schmunzeln zurück, z.B. bei dem vergeblichen Versuch, die ewig läutenden Kuhglocken doch einmal mit einem Haufen zerknülltem Papier zum Verstummen zu bringen. Doch all diese Momente werden von Ute Braun so geschildert, dass der Leser sich nicht wirklich mit ihr identifizieren kann und nicht fühlt, was sie gefühlt haben muss. So hinterlassen weder die erschreckenden noch die unterhaltsamen Anekdoten einen bleibenden Eindruck.

Statt eine durchgehende Entwicklung zu verfolgen, treibt der Leser ziellos zwischen einzelnen Episoden, endlosen Beschreibungen des Ausmistens des Kuhstalls (was erwartungsgemäß einen Großteil der täglichen Arbeit ausmacht) und überlangen Beschreibungen mystischer Naturerlebnisse hin und her. So schön es ist, dass die Autorin auch nach so vielen Jahren auf der Alp noch einen Blick für die Besonderheiten der Natur hat und ihre Fantasie lebendig genug ist, um in einem Moosflecken eine riesige Echse sehen zu können, so lang ziehen sich diese Beschreibungen für den Leser hin. Mit wenigen klaren Worten hätte Ute Braun hier einen weit größeren Eindruck hinterlassen können. So hingegen bekommt man das Gefühl, dass es dem Buch wohl noch etwas an Masse gefehlt hat und um der "Poetik" Willen aufgeblähte Beschreibungen eingefügt wurden.

Fazit:

"Alpsommer - Mein neues Leben als Hirtin" hätte die interessante Beschreibung eines ungewöhnlichen Lebensstils sein können. Leider verpasst Ute Braun viele Gelegenheiten, aus ihrer Erzählung ein spannendes Buch zu machen, bei dem man ihre Entwicklung vom unzufriedenen Stadtmensch hin zu einer zufriedenen Hirtin in den Schweizer Bergen hätte mitverfolgen können. So bekommt der Leser eine Ansammlung von Geschehnissen, die er zeitlich kaum einordnen kann, ausgeschmückt mit überlangen Beschreibungen der Wunder der Natur. Letztlich bleibt nach der Lektüre das Gefühl zurück, dass man seine Zeit statt mit diesem Buch besser mit einem Spaziergang an der frischen Luft verbracht hätte ...

 
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