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Der Seelenleser |
Bücher: Belletristik Krimi & Thriller | |
Geschrieben von Konstanze Tants | |
Dienstag, 2. April 2013 | |
Der Seelenleser Originaltitel: Pacific Heights Übersetzt von: Hanno Girke Reihe: Marten Fane 1. Band der Reihe Verlag:
Blanvalet
Erschienen: September 2012 ISBN: 978-3-442-37801-2 Preis: 9,99 EUR 352 Seiten |
Eine Affäre mit festen Regeln: keine persönlichen Details, keine Verpflichtungen. Und doch hat Lore Cha das Gefühl, dass ihr Liebhaber alles von ihr weiß - selbst ihre intimsten Gedanken. Als sie mit ihrer Therapeutin über diese Befürchtungen spricht, ahnt diese, dass es sich um denselben Mann handeln muss, der sich auch mit anderen Klientinnen trifft - und der Dinge weiß, die nur in ihren verschlossenen Aktenschränken dokumentiert liegen. Welches Spiel spielt der Mann mit den Frauen - und mit ihr selbst?
Laut Verlagsangabe ist Paul Harper das Pseudonym eines bekannten und erfolgreichen Autoren, der mit der Marten-Fane-Reihe einen neuen Weg einschlagen will. Leider kann "Der Seelenleser" als erster Band der Serie den Leser nicht so ganz überzeugen, auch wenn Paul Harper einige interessante Ansätze zeigt. Marten Fane ist ein Mann mit einer bewegten Vergangenheit, der nach seiner Entlassung aus dem amerikanischen Geheimdienst als ungewöhnlicher Problemlöser sein Geld verdient. Seine Aufträge bekommt er durch Empfehlungen von vertrauenswürdigen Kontaktpersonen, und so kommt auch ein Treffen mit der Therapeutin Vera List zustande. Vera List benötigt Marten Fanes Hilfe, um mit einer vermutlichen Bedrohung für zwei ihrer Patientinnen (und sich selbst) fertig zu werden.
Für Vera ist es als Therapeuten nicht so ungewöhnlich, dass sie auch von den kleinen Verfehlungen und Affären ihrer Patientinnen erfährt. Doch die Details, die sie seit einiger Zeit von zweien ihrer Klientinnen erzählt bekommt, lassen in ihr den Verdacht aufkommen, dass ein unbekannter Mann ihre Patientenakten liest und das so gewonnene Wissen benutzt, um die beiden Frauen - unabhängig voneinander - zu manipulieren. Vera macht sich nicht nur Sorgen um das Wohlergehen der beiden Frauen, sondern auch um ihre eigene berufliche Zukunft. Wenn bekannt würde, dass jemand unbefugten Einblick in ihre vertraulichen Unterlagen bekommen hat, könnte die Therapeutin ihre Zulassung und selbstverständlich auch ihren guten Ruf verlieren.
Je mehr Marten Fane in diesem neuen Auftrag ermittelt, desto unheimlicher wird ihm der unbekannte Mann, der nicht nur mit dem zerbrechlichen Seelenleben von Lore Cha und Elise Currin spielt, sondern auch vor kaltblütigem Mord nicht zurückschreckt. Sowohl die Identität als auch die Motivation des Unbekannten stellt Marten und sein Team vor ein Rätsel. Dieser Mann scheint absolut skrupellos zu sein und es scheint ihm nicht um das Geld der beiden schwerreichen Frauen zu gehen. Stattdessen nutzt er sein Wissen über die geheimen Wünsche und Befürchtungen der Frauen, um ihnen ihren Seelenfrieden zu rauben, bis Lore und Elise vor lauter Angst fast den Verstand verlieren.
Die Grundidee von "Der Seelenleser" ist wirklich reizvoll und weckt anfangs die Neugier des Lesers. Auch die verschiedenen Charaktere zeigen eine Menge Potenzial. Doch nach dem ersten Zusammentreffen zwischen Marten und Vera zieht sich die Geschichte erst einmal ziemlich hin. Der Problemlöser lässt sich viel Zeit damit, mehr über den geheimnisvollen Liebhaber und die beiden Frauen, die eine Affäre mit ihm haben, herauszufinden. Währenddessen bekommt der Leser Details aus Marten Fanes Vergangenheit präsentiert. Doch all diese Informationen über den ehemaligen Geheimagenten können nicht dafür sorgen, dass diese Figur für den Leser wirklich interessant wird. Stattdessen sorgen diese Abschweifungen dafür, dass sich die eigentliche Handlung noch weiter hinzieht. So vergeht die Hälfte des Buches, bis es zu einigen entscheidenden Entdeckungen kommt und wirkliche Entwicklungen in der Geschichte sichtbar werden.
Doch die überraschenden Wendungen in der zweiten Hälfte des Romans sorgen weniger für Spannung als für das Aufkommen der Vermutung, dass der Autor sich nicht entscheiden konnte, ob er einen Psychothriller oder eine abwegige Agentengeschichte schreiben wollte. Erst in den letzten Kapiteln zieht die Handlung so weit an, dass man von den verschiedenen Vorgängen wirklich gefesselt wird. Doch bis zu diesem Punkt muss ein Leser erst einmal durchhalten, was besonders schwerfällt, wenn man aufgrund der reizvollen Grundidee einen fesselnden Thriller erwartet hat und sich stattdessen durch einen endlos erscheinenden und recht handlungsarmen dreihundertseitigen Serienprolog arbeiten muss.
Paul Harper zeigt in "Der Seelenleser" viele gute Ansätze, sowohl bei der Grundidee des Romans als auch bei der Entwicklung der vielen verschiedenen Charaktere. Doch leider gelingt es dem Autoren nicht, diese reizvollen Elemente in eine spannende Geschichte zu verwandeln. Stattdessen zieht sich die Handlung lange Zeit ohne große Höhepunkte dahin, und Spannung kommt erst gegen Ende des Romans auf. Da hilft es auch nicht, dass Paul Harper gegen Mitte des Buches einige überraschende Wendungen eingebaut hat, die das beängstigende Verhalten eines unbekannten Liebhabers zu einem Problem für ganz Amerika werden lassen.