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Deine Juliet (Hörbuch)  Redaktionstipp
Hörbücher: Unterhaltung Allgemeine Belletristik
Geschrieben von Konstanze Tants   
Montag, 28. November 2011

Deine Juliet: Club der Guernseyer Freunde von Dichtung und Kartoffelschalenauflauf

Originaltitel: The Guernsey Literary and Potato Peel Pie Society
Art der Lesung: autorisierte Hörfassung
Medienanzahl: 6 CDs

Erschienen: April 2011
ISBN: 978-3-8398-1095-8
Preis: 19,95 EUR
Inhalt
9.0
Sprecher
10.0
Bearbeitung
8.0
Preis/Leistung
8.0
Gesamtwertung
9.0

Wertung:
9.0
von 10
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Zum Inhalt:

London in den späten vierziger Jahren: Die temperamentvolle junge Schriftstellerin Juliet erhält eines Tages einen erstaunlichen Brief. Absender ist Dawsey Adams, ein Bauer von der Kanalinsel Guernsey. Er hat antiquarisch ein Buch erworben, das zuvor ihr gehörte. Zwischen der Literatin und dem Bauern entspinnt sich ein Briefwechsel, durch den Juliet von der Existenz eines literarischen Clubs erfährt, den die Inselbewohner gründeten, um sich über die schwere Kriegszeit hinwegzuhelfen. Je mehr Juliet über Dawsey und die anderen erfährt, desto neugieriger wird sie. Sie beschließt, auf die Insel zu reisen. Dort stößt sie auf die Geschichte von Elizabeth und deren großer Liebe zu einem deutschen Offizier. Und sie lernt Dawsey kennen ...

Meinung:

"Deine Juliet" ist der erste und einzige Roman von Mary Ann Shaffer. Geschrieben hat ihn die Autorin im Alter von über siebzig Jahren und kurz vor ihrem Tod mit Hilfe ihrer Nichte Anne Barrows beendete. Mit der Ausgabe des Argon-Verlags kommt man nun auch in den Genuss der Hörversion, wobei schon ein erster Blick auf die hochrangige Sprecherliste große Erwartungen weckt - die im Laufe der Geschichte auch nicht enttäuscht werden. Die Handlung beginnt im Januar 1946 und wird komplett in Briefen erzählt, die zwischen der Autorin Juliet Ashton und verschiedenen anderen Personen ausgetauscht werden.

Vor allem in Juliets Briefen klingt anfangs die erste Ernüchterung nach dem Kriegsende durch. Jetzt, da die Menschen nicht mehr um ihr Leben fürchten müssen, wird ihnen bewusst, wie viel sie im Krieg verloren haben und wie wenig davon ersetzbar ist. Dabei hat Juliet gerade großen Erfolg mit einer Lesereise, bei der sie ihr Buch "Izzy Bickerstaff zieht in den Krieg" vorstellt, welches auf humorvollen Kolumnen basiert, die sie während der Kriegsjahre geschrieben hatte. Erst ein Brief des ihr unbekannten Dawsey Adams aus Guernsey reißt sie etwas aus ihrer trübsinnigen Stimmung. In diesem fragt sie der Farmer - der Mitglied des "Clubs der Guernseyer Freunde von Dichtung und Kartoffelschalenauflauf" ist - nach Leseempfehlungen und weiteren Informationen zu einem Schriftsteller, nachdem er ein Buch aus Juliets ehemaligem Bestand gelesen hat.

Durch den Austausch über Literatur und das Lesen entsteht ein intensiver Kontakt zwischen Juliet und Dawsey sowie seinen Freunden und Nachbarn. Anfangs erzählen die Briefe aus Guernsey in erstaunlich heiterer Weise von den großen und kleinen Problemen während der Besatzungszeit, wie etwa der Angst vor den Bestrafungen durch die Deutschen oder dem Unvermögen, sich sauber zu halten, wenn man keine Seife zur Verfügung hat. Doch je besser sich Juliet und ihre Brieffreunde kennenlernen, desto intensiver wird der Austausch. Über die Erzählungen der Inselbewohner lernt die Autorin Elizabeth kennen, eine Frau, die von den deutschen Besatzern in ein Kriegsgefangenlager transportiert wurde. Je mehr Details der Hörer über Elizabeth erfährt, desto neugieriger wird er auf diese Figur. Sie hat nicht nur mit viel Fantasie und Verstand versucht, das Leben für ihre Nachbarn während der Besatzungszeit erträglicher zu gestalten, sondern bei ihrer Gefangennahme auch eine kleine Tochter zurücklassen müssen, die nun von all ihren Freunden gemeinsam aufgezogen wird.

Auf den ersten Blick scheint Elizabeth schon fast zu gut, zu perfekt und zu sehr der Lichtblick der halben Insel gewesen zu sein, um sympathisch zu sein. Aber dabei darf man nicht außer Acht lassen, dass sie eben nur von ihren Freunden beschrieben wird - und zwar von den Freunden, die sich auch Monate nach dem Krieg immer noch Sorgen um die junge Frau machen und sie vermutlich in ihrer Erinnerung gerade deshalb etwas verklären. Elizabeth selbst kann nicht zu Wort kommen, sodass man als Hörer eben nichts von ihren negativen Seiten mitbekommen kann. Man weiß nicht, ob sie Angst, Zweifel oder Hassgefühle hegte und welche kleinen Macken sie vielleicht menschlicher hätten wirken lassen.

Zusammengehalten wird die Geschichte durch Juliet, deren Begeisterung für ihre neuen Brieffreunde geradezu überströmend in Briefen an eine alte Schulfreundin und ihren Verleger geäußert wird. Allen Beteiligten gemein ist die Freude an Literatur, die in ihren Sätzen auch wunderschön zum Ausdruck kommt. Doch vor allem beeindruckt den Hörer, wie gut es Mary Ann Shaffer gelungen ist, den einzelnen Figuren Charakter zu verleihen. Schon anhand der jeweiligen Ausdrucksweise gewinnt man ein klares Bild der verschiedenen Personen und kann sich so an Juliets lebhaftem Temperament und Isola Pribbys Naivität erfreuen, während man das Gefühl hat, sich jederzeit auf die Loyalität und Freundschaft von Dawsey, Amelia Maugery und Eben Ramsey verlassen zu können.

Unterstützt wird dieser Eindruck noch durch die überaus gelungene Wahl der Sprecher. Luise Helm spiegelt nicht nur Juliets Begeisterungsstürme, sondern auch die nachdenklichen und traurigen Momente, die die Autorin bewegen, während man sich bei Tanja Gekes Darstellung der Isola ein Schmunzeln nicht verkneifen kann, weil diese Figur - so liebenswert sie ist - eben einige Eigenheiten aufzuweisen hat. Johannes Stecks tiefe Stimme hingegen passt fantastisch zu der zurückhaltenden Art des Dawsey Adams und lässt diesen Charakter einfach hinreißend wirken. Aber auch Nebenfiguren wie Lady Bella Taunton (Denise Gorzelanny), die nur einmal zu Wort kommt, als sie ein Charakterzeugnis für Juliet abliefern soll, wurden perfekt besetzt und tragen so zum Vergnügen beim Hören bei. In dieser Hinsicht muss man dem Verlag wirklich ein großes Lob aussprechen, auch wenn man leider nicht jeden einzelnen der Sprecher an dieser Stelle würdigen kann.

Was man Mary Ann Shaffer vielleicht vorwerfen könnte, wäre, dass sie zu viele Elemente in diese Geschichte gepackt hat. So ist "Deine Juliet" nicht nur eine Liebeserklärung an die Literatur und den Trost, den diese in schweren Zeiten bieten kann, sondern erzählt auch von der deutschen Besatzungszeit auf Guernsey, von der (Nach-)Kriegszeit in London, bietet eine Liebesgeschichte und den wundersamen Fund von kostbaren Briefen und streift Themen wie Homosexualität, Vorurteile und Standesdünkel. Doch diese Überfrachtung fällt aufgrund der vielen individuellen Züge, die die Autorin ihren Charakteren verpasst hat, kaum auf. Spätestens, wenn man ein paar Stunden damit verbracht hat, mit Juliet und ihren Freunden zu lachen und zu weinen, sich an den kleinen Szenen zu erfreuen oder sich zu wünschen, dass eine solche Gemeinschaft nicht nur Fiktion sei, kann man auch dies der Autorin mit Leichtigkeit verzeihen.

Fazit:

Mit "Deine Juliet" hat Mary Ann Shaffer einen wunderbaren Brief-Roman geschaffen, der vom Argon-Verlag sehr liebevoll als Hörbuch umgesetzt wurde. Über die lebhafte Autorin Juliet Ashton lernt der Hörer die Mitglieder des "Club der Guernseyer Freunde von Dichtung und Kartoffelschalenauflauf" kennen und erfährt von ihrem Schicksal während der deutschen Besatzungszeit. Dabei kommen dem Hörer die verschiedenen Charaktere - auch dank der hervorragenden Sprecherbesetzung - sehr nah und wachsen ihm schnell ans Herz. So beschert "Deine Juliet" ein intensives und emotionales Hörerlebnis, bei dem man über die verschiedenen Eigenheiten und Erlebnisse der Inselbewohner herzhaft lachen und auch vor Erschütterung weinen kann.
Weiterführende Infos

Hörprobe: