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Mord auf ffolkes Manor 
Bücher: Belletristik Krimi & Thriller
Geschrieben von Konstanze Tants   
Samstag, 20. Februar 2010

Mord auf ffolkes Manor

Originaltitel: The Act of Roger Murgatroyd
Übersetzt von: Jochen Schimmang

Untergenre: Humor
Verlag: Heyne
Erschienen: Januar 2008
ISBN: 978-3-453-43286-4
Preis: 7,95 EUR

304 Seiten
Inhalt
4.0
Preis/Leistung
8.0
Gesamtwertung
4.4

Wertung:
4.4
von 10
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Zum Inhalt:

Ein verschneites Herrenhaus am Rande von Dartmoor im Jahre 1935: Colonel Roger ffolkes gibt ein Abendessen für Freunde seines Hauses. Was keiner zu wissen scheint: Oben im Dachgeschoss liegt eine Leiche mit einem Einschussloch im Herzen. Es ist Mord. Der Raum von innen verschlossen. Und jeder der Anwesenden hat ein Motiv.

Meinung:

"Mord auf ffolkes Manor" soll - laut Untertitel - "eine Art Kriminalroman" sein und wurde von Gilbert Adair als eine amüsante Hommage an die klassische britische Kriminalgeschichte konzipiert. So verwundert es auch nicht, dass der gesamte Roman von Anspielungen auf Werke und Figuren von Agatha Christie, John Dickson Carr und anderen Autoren nur so strotzt. Schon bei der Ausgangssituation fallen einem die Parallelen ins Auge, denn der Leser findet sich in einem eingeschneiten Herrenhaus am Rande eines kleinen Dorfes wieder, in dem eine Gesellschaft gerade einen Ermordeten gefunden hat.

Auch die Gäste des Hauses, unter denen sich selbstverständlich der örtliche Geistliche samt Frau und der Dorfarzt inklusive seiner Gattin befinden, passen zum Klischee eines britischen Krimiklassikers. Der mit Mühe und Not herbeigerufene Inspektor Trubshawe ist zwar schon längst pensioniert, soll aber Ordnung in die Angelegenheit bringen, bis die Polizei das vom Rest der Welt abgeschnittene Dorf erreichen kann. Er regt an, eine kleine, inoffizielle Befragung abzuhalten, bei der ein jeder der Anwesenden über seinen Aufenthaltsort zur Tatzeit Rechenschaft ablegen soll.

Schnell wird klar, dass zwar keiner den ermordeten Raymond Gentry besonders gut gekannt hat, aber jeder von ihnen einen Motiv gehabt hätte. In der kurzen Zeit, die Gentry als Gast im ffolkes Manor weilte, ist es ihm gelungen, von jedem der Anwesenden die größten Schwachpunkte herauszufinden - und auf geradezu verachtenswerte Weise in Gesprächen darauf anzuspielen. Nicht einmal die Tochter des Hauses, Selina ffolkes, die Raymond als lieben Freund in die Gesellschaft eingeführt hatte, konnte dieses Verhalten noch länger ertragen.

Gilbert Adair beweist mit jedem Kapitel, dass er seine Vorbilder kennt. Für den Kenner und Liebhaber des englischen Kriminalromans sind die vielen Anspielungen auf die diversen Fälle - vor allem von Agatha Christie - unübersehbar. Und auch das gewählte Umfeld und die ausgesuchten Charaktere bieten den perfekten Rahmen für eine solche Parodie. Vor allem die Gegensätzlichkeit zwischen dem etwas gesetzten und altgedienten Inspektor Trubshawe und der Schriftstellerin Evaden Mount, die sich - dank der von ihr verfassten Kriminalgeschichten - für eine begnadete Detektivin hält, wurde von dem Autor mit angenehm spitzer Feder ausgearbeitet.

Doch trotzdem fehlt "Mord auf ffolkes Manor" der Esprit, der einen wirklich guten britischen Kriminalroman ausmacht. Weder die viel zu flach gehaltenen Charaktere noch die Dialoge - die in der Regel eher auf ermüdende Monologe einer Figur hinauslaufen - noch eine der Szenen in diesem Buch reizen zu einem Schmunzeln. Und wenn schon der Witz fehlt, der in einer Parodie vorhanden sein sollte, sucht man auch den interessanten Kriminalfall, den man in einer Hommage an dieses Genre erwartet, vergeblich.

Stattdessen zieht sich die Handlung unerträglich langsam dahin, die schmutzigen Geheimnisse entpuppen sich als uninteressante und verjährte kleine Vergehen, und die Charaktere bleiben dem Leser gleichgültig. Gilbert Adair versäumt es auch, einem die Möglichkeit einzuräumen, den Fall selbst zu lösen. Dabei würde dieser Aspekt der Geschichte deutlich mehr Qualität einbringen. So fragt man sich am Ende der Lektüre, ob der Autor wirklich mit offenen Augen die hier zitierten und "gewürdigten" Romane und ihre Autoren wahrgenommen hat oder nur bei dem Versuch scheiterte, eine eigenständige Geschichte zu entwerfen.

Um noch einmal auf die beiden Autoren zurückzukommen, die vor allem in "Mord auf ffolkes Manor" erwähnt werden: Ein Mord in einem verschlossenen Raum ist nur dann für den Leser von Interesse, wenn man - so wie John Dickson Carr es grandios beherrschte - daraus eine Herausforderung für den Intellekt des Lesers entwickelt. Und der dörfliche Rahmen bot einer Agatha Christie die Möglichkeit, treffende und doch liebevolle Charakterstudien zu betreiben, was in diesem Roman leider nicht der Fall ist. So bleibt beim Leser das Gefühl zurück, dass er kostbare Lesezeit mit "Mord auf ffolkes Manor" verschwendet hat, statt noch einmal einen Kriminalfall einer der hier als Vorbild herangezogenen Autoren zu genießen.

Fazit:

Der Leser, der von Gilbert Adairs "Mord auf ffolkes Manor" eine amüsante Hommage an die britischen Krimiklassiker erwartet, wird von diesem Roman leider enttäuscht sein. Während die Anspielungen (besonders auf Agatha-Christie-Geschichten) unübersehbar sind, kann der Autor weder durch seine Charaktergestaltung noch durch unterhaltsame Dialoge überzeugen. So zieht sich der gesamte Kriminalroman hin und es kommen weder Spannung noch Unterhaltung auf. Sogar die Möglichkeit mitzurätseln nimmt Gilbert Adair dem Leser, sodass die Tatsache, dass es einen Mord in einem verschlossenen Raum gab, vollkommen nebensächlich wird. Wer sich an einem gut geschriebenen Kriminalroman erfreuen will, sollte doch eher zu einem der Klassiker greifen, statt seine Zeit mit dieser Geschichte zu verbringen.
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