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Die Macht des Mr. Miller  Drucken E-Mail
Bücher: Belletristik Krimi & Thriller
Geschrieben von Konstanze Tants   
Montag, 30. März 2009

Die Macht des Mr. Miller

Originaltitel: De macht van meneer Miller
Übersetzt von: Stefanie Schäfer

1. Band der Reihe

Verlag: Grafit
Erschienen: September 2008
ISBN: 978-3-89425-561-9
Preis: 10,50 EUR

446 Seiten
Inhalt
8.0
Preis/Leistung
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Gesamtwertung
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Wertung:
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Zum Inhalt:

Michael Bellicher ist erfolgreicher Unternehmensberater in einer international operierenden Consultingfirma in Amsterdam. Doch auf dem Höhepunkt seiner Karriere wird er zufällig Zeuge eines Mordes. Für die Polizei kommt nur Michael als Täter in Frage, er muss untertauchen. Verzweifelt kämpft er darum, seine Unschuld zu beweisen, erbarmungslos gejagt von dem mysteriösen Mr. Miller, der alles über ihn zu wissen scheint und ihm stets einen Schritt voraus ist.

Meinung:

In Charles den Tex' Roman "Die Macht des Mr. Miller" besteht das Leben von Protagonist Michael Bellicher anfangs nur aus dessen Arbeit. Seine Beziehung zu seiner Freundin Jessica ist seiner Tätigkeit als Unternehmensberater untergeordnet, genauso wie sein Verhältnis zu seiner Familie. Jeder Tag steht im Dienst der Firma HC&P, die eines der führenden internationalen Consultingunternehmen ist. HC&P wird nicht nur für große Firmen beratend tätig, sondern auch für einflussreiche Politiker. Die Angestellten dieses Unternehmens bestimmen, wie ihre Kunden auftreten sollten, wie viele Informationen diese auf welche Weise an die Öffentlichkeit weitergeben sollten - und diese Beratung basiert natürlich auf dem Sammeln und Analysieren von Daten.

Michael liebt seine Tätigkeit in dieser Branche, die Arbeit ist zwar anstrengend, gibt ihm aber auch die Illusion, etwas zu bewegen, ganz oben zu schwimmen und immer auf dem aktuellsten Stand sein zu müssen. Doch vor allem liebt er sein nicht gerade geringes Einkommen. Auch wenn er kaum eine Gelegenheit hat, sein Geld auszugeben, bietet es ihm doch die Möglichkeit, ein ganz anderes Leben zu führen als seine Eltern in ihrer kleinen Vorstadt. So wichtig seine Familie ihm auch ist, ist sein Bedürfnis nach einem anderen Lebensweg doch noch größer.

Und dann ist da noch sein Bruder Kees, der vor fünf Jahren nach Amerika verschwand und sich dann von einem Tag auf den anderen nicht mehr gemeldet hat. Doch nun kommt Kees zurück und stürzt Michael von einer Sekunde zur anderen in eine tiefe Krise. Aber als Angestellter von HC&P kann man sich keine persönlichen Probleme leisten - schon gar nicht, wenn diese dazu führen, dass man sich zwei Tage weder in der Firma noch bei seinen Kunden meldet.

Nach dieser Auszeit, die Michael gebraucht hat, um einigermaßen wieder zu sich zu finden, steht er vor den Trümmern seines bisherigen Lebens. Nun muss er nicht nur mit seinen privaten Problemen fertig werden, sondern auch mit allen Mitteln darum kämpfen, dass er nicht fristlos entlassen wird. Bei seinem Versuch, seine Vorgesetzten von seiner Unentbehrlichkeit zu überzeugen, stolpert Michael mitten in der Nacht im HC&P-Gebäude über die Leiche einer Frau. Offiziell ist er der Einzige, der sich zu diesem Zeitpunkt in den Firmenräumen aufhält; die Männer, die er dabei beobachtet, wie sie die Tote wegschaffen, werden vom Sicherheitssystem nicht erfasst.

Während Michael sich vor der Polizei versteckt, um Beweise für seine Unschuld und Hinweise auf die Identität der geheimnisvollen Männer am Tatort zu finden, stößt er auf eine mysteriöse Internetseite: Das Haus von Mr. Miller. Mithilfe von Freunden findet der Unternehmensberater heraus, dass diese Website eine unglaubliche Ansammlung von Daten beinhaltet - mehr Daten, als man auf legalem Weg sammeln kann. Doch nicht nur das Speichern von Wissen, sondern auch die Manipulation von Informationen geschieht über das Haus des Mr. Miller - und zu seinem großen Schrecken muss Michael feststellen, dass sich hinter dieser Seite eine Gruppe von Männern verbirgt, die die Politik Europas in ihrem Sinne verändern können.

Charles den Tex lässt sich sehr viel Zeit, um die Geschichte in "Die Macht des Mr. Miller" auszubauen, und nimmt sich trotzdem nicht die Muße, die Figuren dem Leser in Ruhe näher zu bringen. Michael Bellicher ist auf den ersten Blick nicht sehr sympathisch und die Frage, was ihn bei der Begegnung mit Kees so zusammenbrechen ließ, steht irritierenderweise sehr lange Zeit unbeantwortet im Raum. Doch trotz solch kleiner Schwächen in der Erzählweise und einer zum Teil auch nicht immer ganz so logischen Handlung, ziehen einen die Geschehnisse rund um den ehrgeizigen Unternehmensberater schnell in ihren Bann.

Die Frage, was es mit der ermordeten Frau auf sich hat und wer die geheimnisvollen Männer am Tatort waren, sorgt dafür, dass der Leser nach dem langsamen Einstieg bei der Stange bleibt. Und je mehr sich herausstellt, dass sich die ganze Geschichte rund um eine unglaubliche Wissens- und Datenmanipulation dreht, bekommt die Handlung für den Leser eine nicht mehr zu stoppende Eigendynamik. Unabhängig davon, wie realistisch so ein Szenario sein mag und ob es wirklich möglich ist, eine solche Organisation aufzubauen, kann man doch nicht verhindern, dass man sich beim Lesen unwillkürlich fragt, ob es so gut war, den günstigen Computer im Angebot zu kaufen und ob die aktuellen Nachrichten wirklich so unreflektiert akzeptiert werden sollten.

Nur selten verlässt der Autor mit seinen Figuren den Bereich der Klischees: Da gibt es den adeligen Arbeitskollegen mit seinen unschätzbaren Beziehungen, die ehrgeizigen Unternehmensberater, die dominante Mutter und die exzentrischen Computerfreaks - und doch kann man all diese Stereotype genauso verzeihen wie die vielen Kämpfe, die Michael lange Zeit erstaunlich unbeschadet übersteht. Denn in erster Linie geht es in "Die Macht des Mr. Miller" um eine kritische Auseinandersetzung mit unserer heutigen Medienwelt und dem unreflektierten Umgang mit Informationen und Nachrichten. All das hat Charles den Tex in eine spannende Geschichte gepackt, bei der man am Ende nur noch mitfiebert und hofft, dass die kleine Gruppe um Michael Bellicher es schafft, gegen die Übermacht der Gegner anzukommen.

Die sehr schöne und bildreiche Sprache des Autors lässt sich wirklich genießen und hebt diesen Roman ebenso wie seine immer wieder deutlich durchschimmernde Liebe zu Amsterdam von der Masse ab. Gerade die kleinen Momente, in denen Charles den Tex seine Heimatstadt beschreibt, tragen sehr zur Atmosphäre der Geschichte bei, wobei der nächtliche Blick auf das Wasser genauso detailliert dargestellt wird wie die Gruppen besoffener Jugendlicher am Hauptbahnhof. So kontrastreich, wie die Stadt beschrieben wird, ist auch die Handlung aufgebaut. Die Wechsel zwischen den nachdenklichen Momenten, den kleinen Szenen, die den Leser zum Schmunzeln bringen, und der rasanten Action sind bis zum spannenden Schluss sehr gelungen und sorgen dafür, dass man das Buch erst aus der Hand legt, nachdem man die letzte Seite gelesen hat.

Fazit:

Auch wenn man Charles den Tex in seinem Roman "Die Macht des Mr. Miller" den einen oder anderen Logikbruch und die Verwendung von stereotypen Charakteren vorwerfen könnte, ist es dem Autor doch gelungen, hier eine rasante Geschichte zu erzählen, die den Leser schnell in ihren Bann schlägt. Nach einem sich langsam aufbauenden Beginn fasziniert einen das Rätsel um die tote Frau in der Firma HC&P, für deren Ermordung der Unternehmensberater Michael Bellicher verantwortlich gemacht wird. Mit ihm zusammen entdeckt der Leser eine unglaubliche Verschwörung, bei der die Möglichkeiten des Internets auf eine fast unfassbare Weise missbraucht werden, um die gesamte Politik Europas zu manipulieren. Die Frage, wie realistisch so ein Szenario ist, stellt sich während des Lesens erst gar nicht, da man so sehr damit beschäftigt ist, die Sprache des Autors zu genießen, während man von den spannenden Entwicklungen in der Handlung mitgerissen wird - und doch wird man nach dem Genuss dieses Romans die tägliche Informationsflut vielleicht mit einem etwas kritischeren Auge betrachten.
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