Als Ashs Vater stirbt, beginnt ihre Stiefmutter, sie wie eine Sklavin zu behandeln. Wann immer Ash entkommen kann, schleicht sie sich in die Wälder - denn dort, so heißt es, suchen Feenmänner nach Frauen, die sie als ihre Geliebten entführen können. Und obwohl dies ihren Tod bedeuten würde, erscheint es Ash besser als das Leben, zu dem sie verdammt zu sein scheint. Doch dann ändert sich alles, als der Königssohn beginnt, Brautschau zu halten, und sein Hofstaat in Ashs Dorf kommt ...
Meinung:
Mit "Ash" ist der Autorin Malinda Lo eine sehr ungewöhnliche und reizvolle Interpretation der Aschenputtel-Geschichte geglückt. Die Handlung wurde in diesem Roman in einem "modern" wirkenden mittelalterlichen Umfeld angesiedelt, in dem die Zeit der weisen Kräuterhexen und des Glaubens an Feen und andere übernatürliche Gestalten so langsam vorbei ist. Dabei fällt schon früh in der Geschichte auf, dass es einige - für dieses Umfeld - erstaunlich mächtige Frauen gibt, wie zum Beispiel die Jägerin des Königs, die allein für die in diesem Land sehr wichtige Jagd verantwortlich ist.
Die Geschichte beginnt mit der Beerdigung von Aislings Mutter und den alten Ritualen, die das Mädchen und sein Vater am Grab vollziehen. Denn für die Verstorbene war der alte Glaube an Feen und Magie noch sehr lebendig. Sie hatte vor ihrer Hochzeit eine Ausbildung zur Kräuterhexe angefangen und ihr Wissen später an ihre Tochter Aisling (genannt Ash) weitergegeben. So ist es auch für Ash wichtig, dass die alten Bräuche eingehalten werden, während ihr Vater mit diesem Aberglauben nichts anfangen kann und sich nur seiner Frau zuliebe an diese Beerdigungsrituale hält.
Noch während Ash um ihre Mutter trauert, bringt ihr Vater mit Lady Isobel eine neue Frau mit nach Hause, die zwei Töchter (Ana und Clara) in die Ehe bringt. Und als kurz darauf der Vater verstirbt, ist Ash der Willkür ihrer Stiefmutter ausgeliefert. Dabei fällt positiv ins Auge, dass die Stiefmutter zwar - wie es sich im Märchen nun einmal gehört - eine boshafte Frau ist, sie Aisling aber nicht ohne Grund zum Dienstmädchen in ihrem Haushalt degradiert. Nicht nur an diesem Punkt bemüht sich Malinda Lo, mehr Hintergründe in die einfache Märchengeschichte zu bringen.
So konzentriert sich die Autorin im Laufe des Romans deutlich auf die Grundaussage des Aschenputtel-Märchens, in dem es weniger um eine Liebesheirat geht als darum, dass eine Hochzeit mit dem Prinzen für ein schönes Mädchen die Flucht aus einem arbeitsreichen Leben in Armut darstellt. Für ihre Hauptfigur Ash kommt so eine Zweckehe nicht in Frage, was sie immer wieder in Gesprächen mit ihrer jüngeren Stiefschwester Clara zum Ausdruck bringt. Stattdessen sucht sie in den alten Märchen einen Fluchtweg aus ihrer Situation und streift immer wieder durch den Wald in der Hoffnung, dem Feenvolk zu begegnen.
Auch wenn ein Mensch aus einer Begegnung mit den Feen selten unbeschadet herausgeht, scheint ihr ein Leben unter diesem fremdartigen Volk reizvoller als ihr Dasein im Haus der Stiefmutter. Doch der einzige Feenmann, dem sie begegnet, scheint nicht gewillt zu sein, sie zu seinem Volk mitzunehmen. Dafür leistet er ihr bei ihren Streifzügen durch die Wälder Gesellschaft und wird ihr im Laufe der Zeit zu einem Freund, ebenso wie die junge Jägerin Kaisa, die für Ash zu einer wichtigen Ansprechpartnerin wird.
Es mag einige Leser überraschen, dass in dieser Aschenputtelversion der Prinz kaum eine Rolle spielt, obwohl er für die Frauen in Aislings Haushalt von großer Wichtigkeit ist. Doch da Malinda Lo mit "Ash" die Grundaussage des Märchens kritisiert, war es notwendig, dass der Schwerpunkt der Geschichte nicht auf der Liebesbeziehung, sondern auf Ashs persönlicher Entwicklung liegt. Leider hat es die Autorin dabei verpasst, besondere Hoch- und Tiefpunkte in die Handlung einzubauen, die Spannung bringen würden. So plätschert die Geschichte ein wenig dahin, was aber dank der schönen Erzählweise und der vielen eingebauten Märchen (über Begegnungen zwischen Feen und Menschen) nicht so negativ ins Gewicht fällt.
Auch wird deutlich, dass Malinda Lo es nicht geschafft hat, Ash und die anderen Figuren tiefgehend zu charakterisieren. Immer wieder fragt man sich, warum ein Charakter gerade so handelt und was die Person wohl in diesem Moment empfinden mag. Damit hält sich die Autorin zwar an Märchentraditionen, denn auch dort werden die Beweggründe der Figuren nicht detailliert beschrieben, hinterlässt aber beim Leser das Gefühl, dass sie die Möglichkeiten, die ihr die Romanform für ihre Geschichte bietet, nicht ausreichend ausgenutzt hat.
Doch trotz dieser kleinen Kritikpunkte ist "Ash" eine ungewöhnliche und überaus lesenswerte Variante der Aschenputtel-Geschichte. Die reizvolle Verflechtung des klassischen Märchens, der (in dieser mittelalterlichen Welt erzählten) Feensagen und der unerwarteten Wendungen, die aus der Handlung mehr machen als eine reine Nacherzählung eines bekannten Themas, fesseln den Leser und lassen ihn mit einem ganz neuen Blick auf die Geschichte vom Aschenputtel und seinem Prinzen zugehen.
Fazit:
Mit "Ash" präsentiert Malinda Lo eine ungewöhnliche Variante des bekannten Aschenputtel-Themas. Dabei geht die Autorin kritisch mit der Grundaussage dieses klassischen Märchens um und konzentriert sich darauf, einen unkonventionellen Weg für ihre Hauptfigur Aisling zu finden. Dies sorgt für überraschende Wendungen in der Handlung und dank der märchenhaften Erzählweise und den reizvollen Sagen, die in "Ash" erzählt werden, sieht man beim Lesen gern über den einen oder anderen Kritikpunkt hinweg. Denn obwohl es der Handlung an Spannung fehlt und die Charaktere mitreißender hätten gestaltet werden können, verzaubert einen diese Geschichte.
Als Ashs Vater stirbt, beginnt ihre Stiefmutter, sie wie eine Sklavin zu behandeln. Wann immer Ash entkommen kann, schleicht sie sich in die Wälder - denn dort, so heißt es, suchen Feenmänner nach Frauen, die sie als ihre Geliebten entführen können. Und obwohl dies ihren Tod bedeuten würde, erscheint es Ash besser als das Leben, zu dem sie verdammt zu sein scheint. Doch dann ändert sich alles, als der Königssohn beginnt, Brautschau zu halten, und sein Hofstaat in Ashs Dorf kommt ...
Mit "Ash" ist der Autorin Malinda Lo eine sehr ungewöhnliche und reizvolle Interpretation der Aschenputtel-Geschichte geglückt. Die Handlung wurde in diesem Roman in einem "modern" wirkenden mittelalterlichen Umfeld angesiedelt, in dem die Zeit der weisen Kräuterhexen und des Glaubens an Feen und andere übernatürliche Gestalten so langsam vorbei ist. Dabei fällt schon früh in der Geschichte auf, dass es einige - für dieses Umfeld - erstaunlich mächtige Frauen gibt, wie zum Beispiel die Jägerin des Königs, die allein für die in diesem Land sehr wichtige Jagd verantwortlich ist.
Die Geschichte beginnt mit der Beerdigung von Aislings Mutter und den alten Ritualen, die das Mädchen und sein Vater am Grab vollziehen. Denn für die Verstorbene war der alte Glaube an Feen und Magie noch sehr lebendig. Sie hatte vor ihrer Hochzeit eine Ausbildung zur Kräuterhexe angefangen und ihr Wissen später an ihre Tochter Aisling (genannt Ash) weitergegeben. So ist es auch für Ash wichtig, dass die alten Bräuche eingehalten werden, während ihr Vater mit diesem Aberglauben nichts anfangen kann und sich nur seiner Frau zuliebe an diese Beerdigungsrituale hält.
Noch während Ash um ihre Mutter trauert, bringt ihr Vater mit Lady Isobel eine neue Frau mit nach Hause, die zwei Töchter (Ana und Clara) in die Ehe bringt. Und als kurz darauf der Vater verstirbt, ist Ash der Willkür ihrer Stiefmutter ausgeliefert. Dabei fällt positiv ins Auge, dass die Stiefmutter zwar - wie es sich im Märchen nun einmal gehört - eine boshafte Frau ist, sie Aisling aber nicht ohne Grund zum Dienstmädchen in ihrem Haushalt degradiert. Nicht nur an diesem Punkt bemüht sich Malinda Lo, mehr Hintergründe in die einfache Märchengeschichte zu bringen.
So konzentriert sich die Autorin im Laufe des Romans deutlich auf die Grundaussage des Aschenputtel-Märchens, in dem es weniger um eine Liebesheirat geht als darum, dass eine Hochzeit mit dem Prinzen für ein schönes Mädchen die Flucht aus einem arbeitsreichen Leben in Armut darstellt. Für ihre Hauptfigur Ash kommt so eine Zweckehe nicht in Frage, was sie immer wieder in Gesprächen mit ihrer jüngeren Stiefschwester Clara zum Ausdruck bringt. Stattdessen sucht sie in den alten Märchen einen Fluchtweg aus ihrer Situation und streift immer wieder durch den Wald in der Hoffnung, dem Feenvolk zu begegnen.
Auch wenn ein Mensch aus einer Begegnung mit den Feen selten unbeschadet herausgeht, scheint ihr ein Leben unter diesem fremdartigen Volk reizvoller als ihr Dasein im Haus der Stiefmutter. Doch der einzige Feenmann, dem sie begegnet, scheint nicht gewillt zu sein, sie zu seinem Volk mitzunehmen. Dafür leistet er ihr bei ihren Streifzügen durch die Wälder Gesellschaft und wird ihr im Laufe der Zeit zu einem Freund, ebenso wie die junge Jägerin Kaisa, die für Ash zu einer wichtigen Ansprechpartnerin wird.
Es mag einige Leser überraschen, dass in dieser Aschenputtelversion der Prinz kaum eine Rolle spielt, obwohl er für die Frauen in Aislings Haushalt von großer Wichtigkeit ist. Doch da Malinda Lo mit "Ash" die Grundaussage des Märchens kritisiert, war es notwendig, dass der Schwerpunkt der Geschichte nicht auf der Liebesbeziehung, sondern auf Ashs persönlicher Entwicklung liegt. Leider hat es die Autorin dabei verpasst, besondere Hoch- und Tiefpunkte in die Handlung einzubauen, die Spannung bringen würden. So plätschert die Geschichte ein wenig dahin, was aber dank der schönen Erzählweise und der vielen eingebauten Märchen (über Begegnungen zwischen Feen und Menschen) nicht so negativ ins Gewicht fällt.
Auch wird deutlich, dass Malinda Lo es nicht geschafft hat, Ash und die anderen Figuren tiefgehend zu charakterisieren. Immer wieder fragt man sich, warum ein Charakter gerade so handelt und was die Person wohl in diesem Moment empfinden mag. Damit hält sich die Autorin zwar an Märchentraditionen, denn auch dort werden die Beweggründe der Figuren nicht detailliert beschrieben, hinterlässt aber beim Leser das Gefühl, dass sie die Möglichkeiten, die ihr die Romanform für ihre Geschichte bietet, nicht ausreichend ausgenutzt hat.
Doch trotz dieser kleinen Kritikpunkte ist "Ash" eine ungewöhnliche und überaus lesenswerte Variante der Aschenputtel-Geschichte. Die reizvolle Verflechtung des klassischen Märchens, der (in dieser mittelalterlichen Welt erzählten) Feensagen und der unerwarteten Wendungen, die aus der Handlung mehr machen als eine reine Nacherzählung eines bekannten Themas, fesseln den Leser und lassen ihn mit einem ganz neuen Blick auf die Geschichte vom Aschenputtel und seinem Prinzen zugehen.
Mit "Ash" präsentiert Malinda Lo eine ungewöhnliche Variante des bekannten Aschenputtel-Themas. Dabei geht die Autorin kritisch mit der Grundaussage dieses klassischen Märchens um und konzentriert sich darauf, einen unkonventionellen Weg für ihre Hauptfigur Aisling zu finden. Dies sorgt für überraschende Wendungen in der Handlung und dank der märchenhaften Erzählweise und den reizvollen Sagen, die in "Ash" erzählt werden, sieht man beim Lesen gern über den einen oder anderen Kritikpunkt hinweg. Denn obwohl es der Handlung an Spannung fehlt und die Charaktere mitreißender hätten gestaltet werden können, verzaubert einen diese Geschichte.