Ihr glaubt, eure Kindheit war eine raue Angelegenheit, weil es statt zwei Storck-Riesen Selleriestauden gab, die Oma aus dem Mund nach Sodom und Gomorrha roch und der Weihnachtsmann auf der Familienfeier sich als der alkoholkranke Onkel Alois herausstellte? Dann fragt mal den Goon, wie das ist, in jungen Jahren Schuldnern die Kniescheiben zu brechen, Zombies zu köpfen und die Schulbank des harten Straßenlebens zu drücken! "Meine mörderische Kindheit" ist ein Ausflug in die frühen Jahre des liebenswerten Totschlägers und seines messerschwingenden Kompagnons Franky. Außerdem: Der Goon verteilt kräftige Schellen an Monsterspinnen, nur leicht wahnsinnige Wissenschaftler und menschenfressende Landstreicher. Oder wie es der Goon ausdrückt: Stellt euch alle in eine Reihe für die Tracht Prügel, die jetzt kommt!
Meinung:
Mit dem dritten Sammelband beginnt der Nachdruck der fortlaufenden Dark-Horse-Veröffentlichung von "The Goon". Die vorigen "Goon"-Hefte waren bei Avatar Press bzw. in Eric Powells Eigenverlag "Albatross Exploding Funny Book Studio" erschienen, doch durch den Wechsel zum größten der amerikanischen Independent-Verlage konnte Powell ein deutlich breiteres Publikum erreichen, ohne inhaltliche Kompromisse eingehen zu müssen. Und so wurde gleich die erste Ausgabe dieser bis heute regelmäßig erscheinenden Serie im Jahr 2004 als "Bestes Einzelheft" mit dem Eisner Award ausgezeichnet und machte den zuvor kaum bekannten Schöpfer des Schlägers mit der Schiebermütze über Nacht zu einem der populärsten Stars der US-amerikanischen Indie-Comic-Szene.
Wie der Titel schon andeutet, enthält "Meine mörderische Kindheit" einige Episoden aus der Jugendzeit des Goon - darunter eine erneute Schilderung seines Aufwachsens beim Zirkus und des Mords an Mafiaboss Labrazio, dessen Position er daraufhin einnahm. Dem Leser der bisher erschienenen Cross-Cult-Bände ist diese Geschichte zwar schon aus "Krudes Zeug" bekannt, aber durch den Verlagswechsel der Serie in den USA mussten viele neue Leser über die Hintergründe der Hauptfigur aufgeklärt werden. Außerdem schildert der Band die erste Begegnung des Goon mit Franky und beschreibt dessen Entwicklung von der Memme zum rücksichtslosen Gehilfen des Schlägers.
Als neuer Gegenspieler tritt in diesem Band erstmals Dr. Hieronymus Alloy auf. Der Wissenschaftler, dessen Körper sich bei einem fehlgeschlagenen Experiment in Gold verwandelte, hat eigentlich stets nur das Beste für seine Mitmenschen im Sinn - nur leider wissen diese es nicht unbedingt zu schätzen, wenn sie in Fische verwandelt werden sollen, damit ihnen die Probleme des Lebens an Land erspart bleiben. Andere, bereits bekannte Figuren wie etwa der "Bussard" und auch der Haupt-Widersacher des Goon, der Zombie-Priester, kommen diesmal nur am Rande vor; man spürt ein wenig, dass die Serie in diesem Band durch den Verlagswechsel in gewisser Weise einen Neustart hinlegt. So erklärt sich auch, dass die in "Was ein Elend!" erkennbare Tendenz zu einer fortlaufenden Handlung in "Meine mörderische Kindheit" erst einmal wieder den relativ unzusammenhängenden Einzelepisoden weichen musste.
Am Humorverständnis von Eric Powell hat sich hingegen nichts geändert. Weiterhin werden der Goon und sein Spießgeselle Franky von einer ebenso gefährlichen wie absurden Situation in die nächste geschickt. Dabei begegnen sie diesmal leicht entflammbaren Wander-Orang-Utans, liebeshungrigen Seehexen, dem bereits erwähnten Dr. Alloy nebst "Fensterputz-Roboter" Bruno sowie den schon aus Band 2 bekannten Sumpftrollen und stranden zwischenzeitlich sogar im gefürchteten "Hobo-Dschungel". Obendrein hagelt es wieder allerlei Obszönitäten und Anspielungen weit unter der Gürtellinie. Allzu feinsinnigen Lesern dürften die zotigen Dialoge einmal mehr viel zu derb sein, wenngleich die Gossensprüche äußerst trocken serviert werden und dadurch trotz der anstößigen Themen ein erstaunlich hohes Maß an Klasse ausstrahlen.
Ungeteilten Zuspruch verdient allerdings einmal mehr die visuelle Seite von "The Goon". Die stilsichere Mischung aus 50er-Jahre-Horrorstandards und eleganter Cartoon-Dynamik dürfte in ihrer Präzision der Ausführung unübertroffen sein. Besonders in den Rückblick-Sequenzen wird deutlich, dass Eric Powell ein wahrer Ausnahmekünstler ist: Die durch die Sepia-Farbe durchschimmernden Bleistiftzeichnungen erreichen durch ihre feinen Schraffuren einen eindrucksvollen Reichtum an Textur und Plastizität, und die Skizzensektion am Ende des Bands unterstreicht diesen Eindruck ebenfalls. Doch auch in den herkömmlichen, mit dem Computer eingefärbten Passagen kommt eine subtile und sehr nuancierte Kolorierung zum Einsatz, die diesen Comic einzigartig macht. Obendrein schreckt Powell nicht vor dem Einsatz ungewöhnlicher Mittel zurück - so wird eine Gruppe von Geschichten beispielsweise von einem pseudo-idyllischen Foto-Roman umrahmt, in dem sein Sohn die Rolle der Hauptfigur übernimmt. In diesem Band tritt außerdem Kyle Hotz als Gast-Zeichner in Aktion und präsentiert eine Story über den vom Kuchenfieber gepackten Skunk-Affen "Boggy".
Fazit:
"The Goon" bleibt auch im dritten Band ein wahrer Teufelsritt durch die Untiefen des gepflegten schlechten Geschmacks, daran hat sich durch den Verlagswechsel nichts geändert. Mit stets sichtbarem Augenzwinkern verstößt Eric Powell gegen jede Regel des Anstands und verneigt sich tief vor den schlimmsten Auswüchsen der Popkultur der 50er-Jahre, bevor er ihnen einen beherzten Tritt in die Weichteile verpasst. Inhaltlich stellt "Meine mörderische Kindheit" vor allem einen Rückblick auf frühe Abenteuer des Goon dar, die man als Leser der vorigen Bände zum Teil schon kennt. Doch es gibt auch genügend neue, schräge Episoden zwischen den soliden Pappdeckeln des Hardcover-Bands zu entdecken. Zeichnerisch hat Eric Powell inzwischen ohnehin eine enorme Eleganz und eine wahre Meisterschaft im Retro-Design erreicht. Somit haben nur Comicleser, die entweder absolut allergisch auf abseitigen Humor reagieren oder minderjährig sind, eine Entschuldigung dafür, "The Goon" nicht in ihre Sammlung aufzunehmen.
Ihr glaubt, eure Kindheit war eine raue Angelegenheit, weil es statt zwei Storck-Riesen Selleriestauden gab, die Oma aus dem Mund nach Sodom und Gomorrha roch und der Weihnachtsmann auf der Familienfeier sich als der alkoholkranke Onkel Alois herausstellte? Dann fragt mal den Goon, wie das ist, in jungen Jahren Schuldnern die Kniescheiben zu brechen, Zombies zu köpfen und die Schulbank des harten Straßenlebens zu drücken! "Meine mörderische Kindheit" ist ein Ausflug in die frühen Jahre des liebenswerten Totschlägers und seines messerschwingenden Kompagnons Franky. Außerdem: Der Goon verteilt kräftige Schellen an Monsterspinnen, nur leicht wahnsinnige Wissenschaftler und menschenfressende Landstreicher. Oder wie es der Goon ausdrückt: Stellt euch alle in eine Reihe für die Tracht Prügel, die jetzt kommt!
Mit dem dritten Sammelband beginnt der Nachdruck der fortlaufenden Dark-Horse-Veröffentlichung von "The Goon". Die vorigen "Goon"-Hefte waren bei Avatar Press bzw. in Eric Powells Eigenverlag "Albatross Exploding Funny Book Studio" erschienen, doch durch den Wechsel zum größten der amerikanischen Independent-Verlage konnte Powell ein deutlich breiteres Publikum erreichen, ohne inhaltliche Kompromisse eingehen zu müssen. Und so wurde gleich die erste Ausgabe dieser bis heute regelmäßig erscheinenden Serie im Jahr 2004 als "Bestes Einzelheft" mit dem Eisner Award ausgezeichnet und machte den zuvor kaum bekannten Schöpfer des Schlägers mit der Schiebermütze über Nacht zu einem der populärsten Stars der US-amerikanischen Indie-Comic-Szene.
Wie der Titel schon andeutet, enthält "Meine mörderische Kindheit" einige Episoden aus der Jugendzeit des Goon - darunter eine erneute Schilderung seines Aufwachsens beim Zirkus und des Mords an Mafiaboss Labrazio, dessen Position er daraufhin einnahm. Dem Leser der bisher erschienenen Cross-Cult-Bände ist diese Geschichte zwar schon aus "Krudes Zeug" bekannt, aber durch den Verlagswechsel der Serie in den USA mussten viele neue Leser über die Hintergründe der Hauptfigur aufgeklärt werden. Außerdem schildert der Band die erste Begegnung des Goon mit Franky und beschreibt dessen Entwicklung von der Memme zum rücksichtslosen Gehilfen des Schlägers.
Als neuer Gegenspieler tritt in diesem Band erstmals Dr. Hieronymus Alloy auf. Der Wissenschaftler, dessen Körper sich bei einem fehlgeschlagenen Experiment in Gold verwandelte, hat eigentlich stets nur das Beste für seine Mitmenschen im Sinn - nur leider wissen diese es nicht unbedingt zu schätzen, wenn sie in Fische verwandelt werden sollen, damit ihnen die Probleme des Lebens an Land erspart bleiben. Andere, bereits bekannte Figuren wie etwa der "Bussard" und auch der Haupt-Widersacher des Goon, der Zombie-Priester, kommen diesmal nur am Rande vor; man spürt ein wenig, dass die Serie in diesem Band durch den Verlagswechsel in gewisser Weise einen Neustart hinlegt. So erklärt sich auch, dass die in "Was ein Elend!" erkennbare Tendenz zu einer fortlaufenden Handlung in "Meine mörderische Kindheit" erst einmal wieder den relativ unzusammenhängenden Einzelepisoden weichen musste.
Am Humorverständnis von Eric Powell hat sich hingegen nichts geändert. Weiterhin werden der Goon und sein Spießgeselle Franky von einer ebenso gefährlichen wie absurden Situation in die nächste geschickt. Dabei begegnen sie diesmal leicht entflammbaren Wander-Orang-Utans, liebeshungrigen Seehexen, dem bereits erwähnten Dr. Alloy nebst "Fensterputz-Roboter" Bruno sowie den schon aus Band 2 bekannten Sumpftrollen und stranden zwischenzeitlich sogar im gefürchteten "Hobo-Dschungel". Obendrein hagelt es wieder allerlei Obszönitäten und Anspielungen weit unter der Gürtellinie. Allzu feinsinnigen Lesern dürften die zotigen Dialoge einmal mehr viel zu derb sein, wenngleich die Gossensprüche äußerst trocken serviert werden und dadurch trotz der anstößigen Themen ein erstaunlich hohes Maß an Klasse ausstrahlen.
Ungeteilten Zuspruch verdient allerdings einmal mehr die visuelle Seite von "The Goon". Die stilsichere Mischung aus 50er-Jahre-Horrorstandards und eleganter Cartoon-Dynamik dürfte in ihrer Präzision der Ausführung unübertroffen sein. Besonders in den Rückblick-Sequenzen wird deutlich, dass Eric Powell ein wahrer Ausnahmekünstler ist: Die durch die Sepia-Farbe durchschimmernden Bleistiftzeichnungen erreichen durch ihre feinen Schraffuren einen eindrucksvollen Reichtum an Textur und Plastizität, und die Skizzensektion am Ende des Bands unterstreicht diesen Eindruck ebenfalls. Doch auch in den herkömmlichen, mit dem Computer eingefärbten Passagen kommt eine subtile und sehr nuancierte Kolorierung zum Einsatz, die diesen Comic einzigartig macht. Obendrein schreckt Powell nicht vor dem Einsatz ungewöhnlicher Mittel zurück - so wird eine Gruppe von Geschichten beispielsweise von einem pseudo-idyllischen Foto-Roman umrahmt, in dem sein Sohn die Rolle der Hauptfigur übernimmt. In diesem Band tritt außerdem Kyle Hotz als Gast-Zeichner in Aktion und präsentiert eine Story über den vom Kuchenfieber gepackten Skunk-Affen "Boggy".
"The Goon" bleibt auch im dritten Band ein wahrer Teufelsritt durch die Untiefen des gepflegten schlechten Geschmacks, daran hat sich durch den Verlagswechsel nichts geändert. Mit stets sichtbarem Augenzwinkern verstößt Eric Powell gegen jede Regel des Anstands und verneigt sich tief vor den schlimmsten Auswüchsen der Popkultur der 50er-Jahre, bevor er ihnen einen beherzten Tritt in die Weichteile verpasst. Inhaltlich stellt "Meine mörderische Kindheit" vor allem einen Rückblick auf frühe Abenteuer des Goon dar, die man als Leser der vorigen Bände zum Teil schon kennt. Doch es gibt auch genügend neue, schräge Episoden zwischen den soliden Pappdeckeln des Hardcover-Bands zu entdecken. Zeichnerisch hat Eric Powell inzwischen ohnehin eine enorme Eleganz und eine wahre Meisterschaft im Retro-Design erreicht. Somit haben nur Comicleser, die entweder absolut allergisch auf abseitigen Humor reagieren oder minderjährig sind, eine Entschuldigung dafür, "The Goon" nicht in ihre Sammlung aufzunehmen.