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The Life Eaters  Drucken E-Mail
Comics: Amerika Fantasy & Sci-Fi
Geschrieben von Manuel Tants   
Donnerstag, 30. Juli 2009

The Life Eaters

Autor: David Brin
Zeichner: Scott Hampton

Originaltitel: The Life Eaters
Übersetzt von: Jens R. Nielsen

Verlag: Cross Cult
Format: Hardcover
Erschienen: Juni 2009
ISBN: 978-3-941248-15-1
Preis: 25,- EUR

160 Seiten
Inhalt
8.0
Zeichnungen
9.0
Verarbeitung
9.0
Preis/Leistung
8.0
Gesamtwertung
8.5

Wertung:
8.5
von 10
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Zum Inhalt:

Juni 1944: Der Himmel über der Normandie ist voller Flugzeuge, der Kanal voller Schiffe - die größte Flotte, die je von freien Menschen zusammengebracht worden ist. D-Day ... "D" wie "Desaster". Erweckt aus Aberglauben, Größenwahn und dunkler Magie, wandeln die nordischen Götter auf Erden - als Helfer und Meister der Nationalsozialisten, die mittels ihrer übernatürlichen Verbündeten das Blatt in einem schon verlorenen Zweiten Weltkrieg wenden können. Zwei Jahrzehnte später führen die Truppen des besetzten Amerika im Auftrag ihrer Asen-Herren Krieg in den Dschungeln Südasiens gegen die Armeen einer neuen Götterordnung. Und während die Überreste einer kriegsmüden Menschheit zwischen den Fronten eines im wahrsten Sinne des Wortes unmenschlichen Krieges ausgelöscht zu werden drohen, liegt es in der Hand einiger weniger Widerstandskämpfer, sich ihren gottgleichen Okkupatoren entgegenzustellen und den Kampf um die Freiheit aufzunehmen.

Meinung:

Das Verändern des tatsächlichen Geschichtsverlaufs ist in Unterhaltungsmedien wie Romanen, Filmen und besonders Comics nichts Neues. Gerade die okkulten Forschungen, die die Nationalsozialisten während des Zweiten Weltkriegs betrieben, haben die Fantasie der Autoren angeregt, den wahren Hergang der Ereignisse mehr oder weniger stark umzuschreiben. Auch der Cross-Cult-Verlag hat bereits mehrere Werke mit Bezug auf dieses Thema im Programm, von "Hellboy" bis "Ich bin Legion". Selten wurde dieser ebenso furchterregende wie faszinierende Gedanke allerdings so konsequent zu Ende gedacht wie in "The Life Eaters".

Science-Fiction-Autor David Brin, der u. a. auch die Roman-Vorlage für Kevin Costners Film "The Postman" verfasst hat, beschreibt in dieser graphic novel eine Welt, in der die Nationalsozialisten 1944 die drohende Kriegsniederlage abwenden konnten, indem sie die Hilfe der nordischen Götter in Anspruch nahmen. Dadurch zog sich der Zweite Weltkrieg wesentlich länger hin. Als im Jahre 1962 ein letzter Geheimplan der USA unter Leitung des OSS-Agenten Chris Turing und des abtrünnigen Gottes Loki nicht den erhofften Erfolg brachte, wurden die Vereinigten Staaten von den Deutschen besetzt, die inzwischen jedoch längst nicht mehr das Sagen haben und lediglich Gehilfen Odins auf seinem Weg zur Unterjochung der ganzen Menschheit sind. Doch der Weltkrieg ist durch die Niederlage der USA noch längst nicht vorüber und breitet sich auch nach Zentralasien aus, wo die Asen es plötzlich mit anderen Gottheiten zu tun bekommen, die sich deutlich weniger leicht bezwingen lassen als menschliche Völker.

Die Handlung von "The Life Eaters" wird nicht nur in Dialogen vorangetrieben, sondern gleichzeitig in - zum Teil recht langen und ausführlichen - Schilderungen und Erläuterungen des Ich-Erzählers Lars kommentiert. Lars, ehemals Mundschenk Odins und in dieser Funktion Augenzeuge des von unbändigem Freiheitswillen getriebenen Einsatzes Chris Turings im Jahre 1962, ist inzwischen zur rechten Hand Thors aufgestiegen. In einer hochmodernen Rüstung mit Raketenantrieb kommt seine Kampfkraft beinahe der der Asen gleich. Doch insgeheim eifert Lars dem Vorbild des OSS-Agenten Turing nach und engagiert sich für eine aus dem Verborgenen agierende Rebellentruppe, deren Ziel es ist, hinter die wahren Absichten und die unklare Herkunft der Götterwesen zu kommen.

Als Illustrator für "The Life Eaters" konnte der erfahrene Künstler Scott Hampton ("Batman: Night Cries", "Sandman") gewonnen werden, der von den Vorzeichnungen über das Tuschen bis zum Kolorieren die gesamte optische Gestaltung in der Hand hatte. Hampton gehört zu den Wegbereitern des Einsatzes von klassischen Malerei-Techniken in der Comicindustrie, und so erinnern die Illustrationen auch bei "The Life Eaters" stark an Ölgemälde. Dank der zwar kräftigen, aber dennoch weitgehend dezenten Farbwahl gleiten die Bilder allerdings nie in den Kitsch ab. Auch das bei diesem Stil häufig auftretende Problem der fehlenden Dynamik kann Hampton umgehen, da er als Basis für seine Motive immer noch herkömmliche Comic-Zeichnungen einsetzt. So vermitteln die Bilder vor allem in den imposanten Schlachten einen geradezu grandiosen Eindruck.

Die Handlung bietet jedoch nicht nur eine ordentliche Portion Action, sondern durchaus auch Stoff zum Nachdenken - vor allem über die Weltreligionen und darüber, wie diese sowohl mit ihren eigenen Anhängern als auch mit Andersdenkenden umgehen, und auch eine Spur Öko-Thriller steckt in "The Life Eaters". Für Comic-Kenner dürfte es darüber hinaus spannend sein, die Parallelen zu bekannten Helden-Universen anderer Verlage herauszufiltern. Nicht umsonst liegen die Wurzeln dieser Geschichte in einer kurzen Episode namens "Thor meets Captain America", die David Brin bereits 1986 verfasste. Einzig das Finale der Geschichte wirkt vor dem zwischenzeitlich recht komplexen und elaborierten Hintergrund vielleicht doch eine Spur zu einfach und auch ein wenig zu amerikanisch-optimistisch.

"The Life Eaters" erscheint, wie bei Cross Cult üblich, als Hardcover-Band, die Seiten weisen allerdings beinahe US-Heft-Ausmaße und damit ein größeres Format als die meisten übrigen Publikationen des Verlags auf. Das erklärt auch den etwas höheren Preis. Im Anhang finden sich ein interessantes Nachwort von David Brin sowie eine Doppelseite, auf der Scott Hampton seine Arbeitsweise erläutert. Die Übersetzung ist gut gelungen, zumal Jens R. Nielsen auch im Deutschen darauf geachtet hat, den Sprachstil der Asen deutlich von der Ausdrucksweise der Menschen zu unterscheiden. Einige besonders moderne Ausdrücke wie etwa "Tolle Wurst!" hätten allerdings vermieden werden sollen, da sie nicht so recht zum Setting passen.

Fazit:

"The Life Eaters" gehört auf dem weiten Feld der Comics, die einen alternativen Verlauf des Zweiten Weltkriegs darstellen, zweifellos zu den am konsequentesten zu Ende gedachten Werken. Ohnehin ist die Handlung enorm vielschichtig geraten und bietet nicht nur viel Action, sondern auch spannende Wendungen und gleich auf mehreren Ebenen Stoff zum Nachdenken. Die visuelle Seite dieses Comics ist dank der gemäldeartigen Illustrationen von Scott Hampton ebenfalls sehr eindrucksvoll geraten. Obwohl die Auflösung der Geschichte nicht ganz mit dem Komplexitätsgrad der vorangegangen Handlung mithalten kann, stellt "The Life Eaters" insgesamt ein äußerst gelungenes Stück Unterhaltungslektüre dar, das zudem so manchen interessanten Denkanstoß liefert.

 
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