Helen ist tot. Nackt, mit Farbe besprüht, liegt sie auf einem Kreuz in einer brennenden Heidelandschaft. In ihren Händen hält sie einen Schweinekopf. Die Ermittlungen der dänischen Polizei führen ins Leere. Mona hat überlebt. Nach einem schweren Unfall kann die junge Studentin nicht mehr lesen und schreiben. Stattdessen entwickelt sie die Fähigkeit, komplexe Muster zu erkennen. Als Kommissar Berg davon erfährt, zeigt er ihr die Tatortbilder. Kann Mona das Werk des Todeskünstlers entschlüsseln?
Meinung:
Nach einem atmosphärischen Prolog, in dem zwei Männer, die in einem Flugzeug unterwegs sind, eine künstlerisch präsentierte Frauenleiche inmitten einer brennenden Heidelandschaft finden, bietet "Das Mädchen am Kreuz" von Lene Rikke Bresson dem Leser vor allem erst einmal eine ausführliche Familiengeschichte. Denn auch wenn man hier und da die Perspektive anderer Personen verfolgen kann, die mit dem Verbrechen an der jungen Frau auf der Heide zu tun haben, steht im Mittelpunkt der eigentlichen Handlung Mona Lisa Kirk. Mona ist eine noch recht junge Theologiestudentin, die kurz vor ihrer Hochzeit mit ihrem Jugendfreund David steht.
Von ihrem ersten Auftritt an steht fest, dass sie ein problematisches Verhältnis zu ihrer Familie hat. Und das ist kein Wunder: Während ihre Mutter eine strenge Frau ist, die genau darauf achtet, was die Nachbarn sagen, scheint Monas Vater das Regiment seiner Ehefrau durchzustehen, indem er sich möglichst unauffällig verhält. Auch Monas ältere Schwester Theresa bietet der Studentin keine Unterstützung, ist sie doch eindeutig verhaltensgestört und verbringt ihren Tag damit, jede verfügbare Fläche zu beschreiben. Zusätzlich wird diese unglückliche Familie dadurch belastet, dass vor vielen Jahren der einzige Sohn, der Nachzügler, ums Leben kam.
Obwohl sich Mona so weit wie möglich von ihrer Familie fernhält, traut sie sich noch nicht, zu rebellieren. So studiert sie - wie die Mutter und der Verlobte es von ihr erwarten - Theologie und heiratet trotz aller Vorbehalte und Probleme im Kreis ihrer Familie. Einzig das Motorrad, das sie sich mühsam zusammengespart hat, zeigt, dass Mona sich ihr Leben deutlich weniger konservativ vorstellt. Doch ein Motorrad ist es auch, mit dem sie auf ihrer Hochzeitsreise verunglückt. Aufgrund der Schwere ihrer Verletzungen wird es für die Studentin unmöglich, wie bisher weiterzumachen, und so wird das Unglück gleichzeitig zu einer Chance, ihr Leben neu zu gestalten.
Erst an diesem Punkt der Geschichte gibt es eine zaghafte Verknüpfung zwischen Mona und dem im Mordfall ermittelnden Kommissar Berg. Der Polizist ist nach dem Unfall Monas neuer Nachbar und eine Bemerkung seiner Ehefrau, die Monas behandelnde Ärztin ist und glaubt, dass sie über eine ungewöhnliche Wahrnehmungsgabe verfügt, hat ihn auf die Idee gebracht, die junge Frau mit den Tatortbildern zu versorgen. Dabei erwartet Kommissar Berg nicht wirklich, dass ihm Mona weiterhelfen kann, und Mona ist anfangs viel mehr damit beschäftigt, ihr Leben wieder auf die Reihe zu bekommen, ihre neuen Nachbarn kennenzulernen und Beziehungen zu knüpfen, als sich mit den grauenhaften Bildern zu beschäftigen.
Allein die Tatsache, dass viele von Monas Nachbarn in irgendeiner Weise mit der örtlichen Kunstszene (zu der auch das Opfer gehörte) verbunden sind, sorgt dafür, dass der Mord nicht vollkommen aus der Erinnerung des Lesers verschwindet. Doch obwohl das Verbrechen so wenig im Zentrum der Geschichte steht, hat man aufgrund der überschaubaren Zahl von Verdächtigen schnell einen zutreffenden Verdacht bezüglich des Täters. Auch für die im Hintergrund schwelende Frage, was vor Jahren wirklich mit Monas kleinem Bruder passiert ist, liegt die Auflösung schnell auf der Hand, und so zieht sich der Kriminalfall etwas hin, während man darauf wartet, dass auch die Romancharaktere endlich hinter die Wahrheit kommen.
Obwohl die Handlung ein wenig vor sich hinplätschert und das Gewicht so sehr auf Monas Privatleben liegt, übt der Erzählstil der Autorin eine unverkennbare Faszination auf den Leser aus. Keiner der Charaktere ist wirklich sympathisch gestaltet, aber fast jeder von ihnen hat interessante Ecken und Kanten. Das sorgt zwar nicht dafür, dass einem die Figuren ans Herz wachsen, aber für diverse unterhaltsame Momente, die einen immer weiterlesen lassen. Auch die vielen kleinen Szenen, die zeigen, welche Hürden Mona nach ihrem Unfall im Alltag überwinden muss, erzeugen eine fesselnde Atmosphäre, während man miterlebt, mit wie viel Kreativität die junge Frau ihre Einschränkungen auszugleichen versucht. So kann "Das Mädchen am Kreuz" als Kriminalroman zwar nicht überzeugen, übt aber als Entwicklungsroman durchaus einen gewissen Reiz auf den Leser aus.
Fazit:
"Das Mädchen am Kreuz" von Lene Rikke Bresson gehört zu den Romanen, die mehr Familiengeschichte als Krimi sind. Vor allem dreht sich die Handlung dabei um die junge Mona Kirk, ihre Familie und die Herausforderungen, die das Leben nach einem Unfall für sie bereithält. Bei all diesen persönlichen Szenen spielt die Frage, wer die Frau, die inmitten einer brennenden Heidelandschaft gefunden wurde, ermordet und ihre Leiche dann künstlerisch präsentiert hat, nur eine sehr untergeordnete Rolle. So zieht die Geschichte ihre Faszination auch eher aus der Erzählweise der Autorin und den kleinen Momenten rund um Mona als aus der sehr vorhersehbaren Krimihandlung. Wer einen fesselnden Kriminalroman sucht, der ist mit "Das Mädchen am Kreuz" leider falsch bedient, wer dafür Lust auf eine Entwicklungsroman mit einem Hauch Verbrechen hat, kann getrost zu diesem Buch greifen.
Helen ist tot. Nackt, mit Farbe besprüht, liegt sie auf einem Kreuz in einer brennenden Heidelandschaft. In ihren Händen hält sie einen Schweinekopf. Die Ermittlungen der dänischen Polizei führen ins Leere. Mona hat überlebt. Nach einem schweren Unfall kann die junge Studentin nicht mehr lesen und schreiben. Stattdessen entwickelt sie die Fähigkeit, komplexe Muster zu erkennen. Als Kommissar Berg davon erfährt, zeigt er ihr die Tatortbilder. Kann Mona das Werk des Todeskünstlers entschlüsseln?
Nach einem atmosphärischen Prolog, in dem zwei Männer, die in einem Flugzeug unterwegs sind, eine künstlerisch präsentierte Frauenleiche inmitten einer brennenden Heidelandschaft finden, bietet "Das Mädchen am Kreuz" von Lene Rikke Bresson dem Leser vor allem erst einmal eine ausführliche Familiengeschichte. Denn auch wenn man hier und da die Perspektive anderer Personen verfolgen kann, die mit dem Verbrechen an der jungen Frau auf der Heide zu tun haben, steht im Mittelpunkt der eigentlichen Handlung Mona Lisa Kirk. Mona ist eine noch recht junge Theologiestudentin, die kurz vor ihrer Hochzeit mit ihrem Jugendfreund David steht.
Von ihrem ersten Auftritt an steht fest, dass sie ein problematisches Verhältnis zu ihrer Familie hat. Und das ist kein Wunder: Während ihre Mutter eine strenge Frau ist, die genau darauf achtet, was die Nachbarn sagen, scheint Monas Vater das Regiment seiner Ehefrau durchzustehen, indem er sich möglichst unauffällig verhält. Auch Monas ältere Schwester Theresa bietet der Studentin keine Unterstützung, ist sie doch eindeutig verhaltensgestört und verbringt ihren Tag damit, jede verfügbare Fläche zu beschreiben. Zusätzlich wird diese unglückliche Familie dadurch belastet, dass vor vielen Jahren der einzige Sohn, der Nachzügler, ums Leben kam.
Obwohl sich Mona so weit wie möglich von ihrer Familie fernhält, traut sie sich noch nicht, zu rebellieren. So studiert sie - wie die Mutter und der Verlobte es von ihr erwarten - Theologie und heiratet trotz aller Vorbehalte und Probleme im Kreis ihrer Familie. Einzig das Motorrad, das sie sich mühsam zusammengespart hat, zeigt, dass Mona sich ihr Leben deutlich weniger konservativ vorstellt. Doch ein Motorrad ist es auch, mit dem sie auf ihrer Hochzeitsreise verunglückt. Aufgrund der Schwere ihrer Verletzungen wird es für die Studentin unmöglich, wie bisher weiterzumachen, und so wird das Unglück gleichzeitig zu einer Chance, ihr Leben neu zu gestalten.
Erst an diesem Punkt der Geschichte gibt es eine zaghafte Verknüpfung zwischen Mona und dem im Mordfall ermittelnden Kommissar Berg. Der Polizist ist nach dem Unfall Monas neuer Nachbar und eine Bemerkung seiner Ehefrau, die Monas behandelnde Ärztin ist und glaubt, dass sie über eine ungewöhnliche Wahrnehmungsgabe verfügt, hat ihn auf die Idee gebracht, die junge Frau mit den Tatortbildern zu versorgen. Dabei erwartet Kommissar Berg nicht wirklich, dass ihm Mona weiterhelfen kann, und Mona ist anfangs viel mehr damit beschäftigt, ihr Leben wieder auf die Reihe zu bekommen, ihre neuen Nachbarn kennenzulernen und Beziehungen zu knüpfen, als sich mit den grauenhaften Bildern zu beschäftigen.
Allein die Tatsache, dass viele von Monas Nachbarn in irgendeiner Weise mit der örtlichen Kunstszene (zu der auch das Opfer gehörte) verbunden sind, sorgt dafür, dass der Mord nicht vollkommen aus der Erinnerung des Lesers verschwindet. Doch obwohl das Verbrechen so wenig im Zentrum der Geschichte steht, hat man aufgrund der überschaubaren Zahl von Verdächtigen schnell einen zutreffenden Verdacht bezüglich des Täters. Auch für die im Hintergrund schwelende Frage, was vor Jahren wirklich mit Monas kleinem Bruder passiert ist, liegt die Auflösung schnell auf der Hand, und so zieht sich der Kriminalfall etwas hin, während man darauf wartet, dass auch die Romancharaktere endlich hinter die Wahrheit kommen.
Obwohl die Handlung ein wenig vor sich hinplätschert und das Gewicht so sehr auf Monas Privatleben liegt, übt der Erzählstil der Autorin eine unverkennbare Faszination auf den Leser aus. Keiner der Charaktere ist wirklich sympathisch gestaltet, aber fast jeder von ihnen hat interessante Ecken und Kanten. Das sorgt zwar nicht dafür, dass einem die Figuren ans Herz wachsen, aber für diverse unterhaltsame Momente, die einen immer weiterlesen lassen. Auch die vielen kleinen Szenen, die zeigen, welche Hürden Mona nach ihrem Unfall im Alltag überwinden muss, erzeugen eine fesselnde Atmosphäre, während man miterlebt, mit wie viel Kreativität die junge Frau ihre Einschränkungen auszugleichen versucht. So kann "Das Mädchen am Kreuz" als Kriminalroman zwar nicht überzeugen, übt aber als Entwicklungsroman durchaus einen gewissen Reiz auf den Leser aus.
"Das Mädchen am Kreuz" von Lene Rikke Bresson gehört zu den Romanen, die mehr Familiengeschichte als Krimi sind. Vor allem dreht sich die Handlung dabei um die junge Mona Kirk, ihre Familie und die Herausforderungen, die das Leben nach einem Unfall für sie bereithält. Bei all diesen persönlichen Szenen spielt die Frage, wer die Frau, die inmitten einer brennenden Heidelandschaft gefunden wurde, ermordet und ihre Leiche dann künstlerisch präsentiert hat, nur eine sehr untergeordnete Rolle. So zieht die Geschichte ihre Faszination auch eher aus der Erzählweise der Autorin und den kleinen Momenten rund um Mona als aus der sehr vorhersehbaren Krimihandlung. Wer einen fesselnden Kriminalroman sucht, der ist mit "Das Mädchen am Kreuz" leider falsch bedient, wer dafür Lust auf eine Entwicklungsroman mit einem Hauch Verbrechen hat, kann getrost zu diesem Buch greifen.