Comics: Manga Horror & Mystery
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Geschrieben von Konstanze Tants
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Montag, 14. November 2011 |
Gintou Graveyard
Originaltitel: Gintou Graveyard Format:
Taschenbuch
Erschienen: Oktober 2011 ISBN: 978-3-7704-7679-4 Preis: 6,50 EUR 176 Seiten
Inhalt |
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5.0 |
Zeichnungen |
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7.0 |
Verarbeitung |
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6.0 |
Preis/Leistung |
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8.0 |
Gesamtwertung |
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6.2 |
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Du fürchtest dich vor Gespenstern? Kein Problem, Uzu auch. Und der ist sogar selbst schon tot! Trotz Geisterphobie soll er als Grabwächter die verlorenen Seelen hinübergeleiten. Doch als er die kleine Kotoha trifft, die bei einem Unfall starb, versteht er endlich, warum so viele Geister die Welt nicht loslassen können! Übernatürliche Kurzgeschichten zum Weinen und Lachen!
Mit ihrem ersten Manga "Gintou Graveyard" präsentiert die Zeichnerin und Autorin Ryono Natsumiya dem Leser fünf Kurzgeschichten rund um Geister, Tengu und andere übernatürliche Elemente. Besonders die titelgebende Geschichte "Gintou Graveyard" hinterlässt dabei einen angenehmen Eindruck. Gemeinsam mit dem Grabwächter-Lehrling Mamoru Uzushio, genannt Uzu, lernt man den besonderen Friedhof zwischen dem Diesseits und dem Jenseits kennen. Für Uzu ist dabei seine Aufgabe als Grabwächter besonders schwer anzunehmen - und so fragt man sich anfangs, was seinen Vorgesetzten Kasha dazu verleitet haben könnte, den ängstlichen Jungen für so eine verantwortungsvolle Tätigkeit auszusuchen.
Doch je näher Uzu im Rahmen seiner Arbeit den Geist der zehnjährigen Kotoha kennenlernt und versteht, warum sie noch nicht die Reise ins Jenseits antreten will, desto intensiver bemüht sich der Junge. Für den Leser bieten Uzus Arbeitsplatz sowie seine Kollegin Kasha und Gi, der Botengeist der Grabwächter, den passenden Rahmen für eine unterhaltsame Geschichte. Die Charaktere sind sehr sympathisch gestaltet und ihr zum Teil exzentrisches Benehmen macht neugierig auf weitere Details zu ihrer Person. Auch die Handlung rund um die kleine Kotoha, die von einem Motorradfahrer überfahren wurde und sich nun Sorgen um ihren Vater macht, berührt den Leser. Insgesamt hätte diese Geschichte das Potenzial gehabt, die Basis für eine kurze Reihe oder zumindest für einen ausführlich erzählten Einzelband zu bilden.
Leider sind die weiteren Erzählungen nicht ganz so befriedigend geraten und lassen neben Tiefgang und wirklich sympathischen Figuren auch noch eine strukturierte Erzählweise vermissen. In "Die Nacht des Tengu" begleitet man den Teenager Hatori auf das Tengu-Fest. Während er dieses besondere Ereignis früher immer mit seinem Freund Azuma besucht und viel Spaß mit ihm gehabt hat, befürchtet der Junge nun, dass sein alter Freund in diesem Jahr gar nicht auftauchen wird. Als Azuma doch noch zum Fest kommt, benimmt er sich sehr merkwürdig - aber solche Dinge können eben beim Tengu-Fest passieren. In "Herz-Püppchen" wird der Leser Zeuge, wie Kukuru von dem Fuchs Hiko entführt wird. Damit will der ungestüme Kerl erreichen, dass der Puppenmacher Namidado, der angeblich Hikos kleinen Bruder Miko gefangen hält, einem Austausch zustimmt. Diese Geschichte verfügt zwar über eine unübersehbare Moral, ist aber weder besonders unterhaltsam noch in irgendeiner Weise gruselig.
Im "Kururi-Haus in Ayakashi" hingegen könnte es ganz schön unheimlich sein, würde man es nicht durch die Augen des jungen Yuki Hamura kennenlernen: Der Schüler wird von seinem Großvater dazu verdonnert, in den Ferien als Aushilfe in dem Kururi-Haus anzufangen. Schon sein großer Bruder hatte diesen Job machen müssen und die vielen SMS am Tag zeigen deutlich, dass er sich nun Sorgen um Yuki macht. Doch abgesehen von den kleinen Schikanen des Arbeitskollegen und dem etwas ungewöhnlichen Verhalten des Geschäftsbesitzers gibt es anfangs keine beängstigenden Vorkommnisse. Dies ändert sich erst mit der Zeit rund um das Totenfest, als Yuki mit übernatürlichen Begegnungen konfrontiert wird, aber das ändert leider auch nichts an der relativen Belanglosigkeit der Geschichte und der Frage, warum niemand aus seiner Familie Yuki auf die besondere Funktion dieses Souvenirladens aufmerksam gemacht hat.
Zuletzt erlebt die junge Itoko auf dem Nachhauseweg nach einem Blick in einen Teich einen skurrilen Einkaufsbummel mit dem attraktiven und mysteriösen Ao, der für die weiße Prinzessin arbeitet. Auch aus dieser Grundidee hätte Ryono Natsumiya deutlich mehr machen können, aber aufgrund der wenigen Seiten, auf denen diese Handlung erzählt wird, berühren einen die Geschehnisse kaum. Dabei beschleicht den Leser - wie schon bei einigen der vorherigen Erzählungen - der Eindruck, dass Ryono Natsumiya aus der Grundidee eine mitreißende Geschichte hätte machen können, wenn sie der Handlung und den Figuren mehr Raum zugestanden hätte.
Was ihre Zeichnungen angeht, zeigt die Mangaka mit ihrem Debüt einiges an Potenzial. Starke Kontraste und zum Teil kräftige Striche passen zu den düsteren Elementen ihrer Geschichten, während Mimik und Gestik ihrer Figuren bei Bedarf dem vorhandenen Humor entsprechen. Allerdings gelingt es ihr noch nicht, ihren Stil durchgehend beizubehalten, was man aber gerne verzeiht, wenn man dafür so schön unterschiedlich gestaltete Charaktere genießen darf. Ein Wermutstropfen ist leider das Lettering, bei dem man an mindestens zwei Stellen über doppelte Wörter in einer Sprechblase stolpert. Etwas mehr Aufmerksamkeit hätte hier für weniger Irritation beim Leser gesorgt und den Unterhaltungswert gesteigert.
Mit ihrem Debüt "Gintou Graveyard" kann Ryono Natsumiya den Leser zwar noch nicht so ganz überzeugen, zeigt aber schon gute Ansätze in Bezug auf die Grundideen ihrer Geschichten und ihren Zeichenstil. Würde sich die Mangaka mehr Raum für ihre Handlungen nehmen und sich mehr auf ihre Figuren konzentrieren, könnten ihre nächsten Veröffentlichungen wirklich gut werden. So kann der Leser sich an der titelgebenden Kurzgeschichte "Gintou Graveyard" erfreuen, während bei den anderen vier Episoden das inhaltliche Potenzial leider nicht ausgeschöpft wurde. Auch an ihrem Zeichenstil müsste die Mangaka noch etwas feilen. Denn so schön die vielseitigen Figuren und so passend die kräftigen Striche und Kontraste für den übernatürlichen Teil ihrer Geschichten auch sind: Es gelingt ihr noch nicht, mit ihren Darstellungen durchgehend zu überzeugen.