Als ein blinder Zahnarzt von einem Holzlaster überfahren wird, staunt Dr. Siri zunächst nur über die Todesursache: In Laos gelten zwei Fahrzeuge auf der Straße bereits als Verkehrschaos. Dann entdeckt der Leichenbeschauer bei dem Toten einen Brief, der eine mit unsichtbarer Tinte geschriebene Botschaft enthält. Dr. Siris Neugier ist geweckt, und als er der Sache nachgeht, kommt er einem brisanten Geheimnis auf die Spur. Bei seinen Ermittlungen konsultiert er den Kartenleger und Transvestiten Tante Bpoo, schwimmt mit einem Delphin und verliert sein Herz an eine bezaubernde Frau ...
Meinung:
Auch der vierte Band rund um den ungewöhnlichen laotischen Leichenbeschauer Dr. Siri beginnt mit einem großen Rätsel für den einzigen Pathologen des Landes. Vor der Hauptpost in Vientiane wird ein blinder Mann überfahren, der dort regelmäßig Briefe abholte. Während es schon ungewöhnlich genug ist, dass ein Blinder regelmäßig den weiten Weg vom Land mit dem Bus in die Stadt auf sich nimmt, um dort Briefe aus einem Postfach zu holen, ist die Art seines Todes fast noch aufsehenerregender. Denn im Laos der siebziger Jahre gibt es so wenige Laster, dass ein Zusammenstoß zwischen einem Menschen und einem Automobil zu den unvorhersehbarsten Zufällen zu rechnen ist.
So kann Dr. Siri auch in diesem Fall seine Neugier nicht bezähmen und beginnt zu recherchieren. Dabei findet der Arzt nicht nur heraus, dass der blinde Mann bis vor Kurzem noch als Zahnarzt tätig war, sondern er vermutet auch, dass die Briefe geheime Nachrichten enthalten haben, die zu einer Verschwörung gegen die Regierung führen sollen. Gemeinsam mit dem Polizisten Phosy und seinem alten Freund Civilai beginnt Dr. Siri zu ermitteln, während er gleichzeitig in die Provinz Champasak abberufen wird, um den Tod des dortigen Gouverneurs zu untersuchen.
Dass die gesamten Ermittlungen nicht ohne die Einmischung der laotischen Geisterwelt vonstatten gehen, zu der Dr. Siri aufgrund seiner Verbindung zu einem legendären Schamanen ganz besonderen Kontakt hat, muss man beim vierten Teil dieser Reihe vermutlich gar nicht mehr erwähnen. Dabei trifft der agile Arzt dieses Mal bei seinen Nachforschungen auf eine alte Bekannte und wird auf vielerlei Art an seine Vergangenheit erinnert, als er noch zu den Revolutionären gehörte, die versuchten, die korrupte Monarchie zu stürzen.
Auch die Krankenschwester Dtui trägt wieder ihren Teil zu den Untersuchungen bei und bringt sich und den Polizisten Phosy mit all ihren Ideen in nicht gerade geringe Gefahr, während Dr. Siris bewährter Helfer in der Pathologie, Herr Geung, immer noch die Folgen seines tagelangen Fußmarsches auskurieren muss. So lebt auch dieser Roman wieder von dem wunderbaren Humor des Autors, den skurrilen und liebenswerten Nebenfiguren und dem fesselnden Einblick in dieses so fremde Land Laos.
Vor allem sticht in "Briefe an einen Blinden" ins Auge, dass die Stimmung in Laos langsam kippt. Die kommunistische Regierung ist schon seit einigen Monaten im Amt, aber zum Besseren hat sich nichts geändert. Stattdessen müssen die Laoten erleben, dass die alten monarchischen - und funktionierenden - Strukturen unachtsam zerstört wurden, ohne dass bislang auch nur Anstalten gemacht wurden, Ersatz zu schaffen. Und auf der anderen Seite entwickeln sich die kommunistischen Machthaber zu ebenso korrupten und willkürlichen Oberen, wie man sie schon aus den Zeiten vor der Revolution gekannt hat.
So ist es nicht verwunderlich, dass alte Aufständische wie Dr. Siri und sein Freund Civilai inzwischen sehr desillusioniert auf ihre neue Regierung blicken und die Hoffnung auf eine Verbesserung des Lebens in Laos schon fast verloren haben. Auf der anderen Seite fühlt sich der Mediziner verpflichtet, einen möglichen Putschversuch gegen die Kommunisten zu verhindern, da weitere Kämpfe dem geschwächten Land auf gar keinen Fall gut tun können. Es gelingt Colin Cotterill ganz wunderbar, all diese zwiespältigen Gefühle bei seinen Charakteren darzustellen und es dabei dem Leser selbst zu überlassen, ob er sich wünschen soll, dass Dr. Siri mit seinen Ermittlungen Erfolg hat oder nicht.
Neben der komplexen Geschichte rund um den Putschversuch, die stellenweise etwas abschweifend erzählt wird, sorgen die kleinen Szenen mit Dr. Siri und seinen Freunden oder die herzzerreißende Suche nach dem Grund für das Ertrinken eines Jungen für amüsante und spannende Abwechslung. Doch insgesamt ist dieser "Dr. Siri"-Band deutlich weniger leicht erzählt, als es die drei Vorgänger-Romane waren, was nichts an dem hohen Informations- und Unterhaltungswert dieses Buches ändert und beim Leser die Vorfreude auf weitere Geschichten rund um den ungewöhnlichen Pathologen Dr. Siri weiter anheizt.
Fazit:
Mit "Briefe an einen Blinden", dem vierten Roman rund um Dr. Siri, schlägt Colin Cotterill einen spürbar ernsteren Ton an, ohne dass dabei das Lesevergnügen getrübt würde. Während der ungewöhnliche laotische Pathologe sich nicht nur mit mehreren verdächtigen Todesfällen beschäftigen muss, mehren sich die Hinweise auf eine Verschwörung gegen die kommunistische Regierung. So darf sich der Leser gemeinsam mit Dr. Siri damit auseinandersetzen, was aus der laotischen Revolution geworden ist, die die korrupte Monarchie ablösen und das Leben für die Laoten zum Besseren wenden sollte. Zum Glück mischen auch die vertrauten Helfer des Pathologen wieder mit und so sorgen der Politiker Civilai, die Krankenschwester Dtui und der Polizist Phosy für amüsante und spannende Elemente in dieser ansonsten eher politischen Geschichte.
Als ein blinder Zahnarzt von einem Holzlaster überfahren wird, staunt Dr. Siri zunächst nur über die Todesursache: In Laos gelten zwei Fahrzeuge auf der Straße bereits als Verkehrschaos. Dann entdeckt der Leichenbeschauer bei dem Toten einen Brief, der eine mit unsichtbarer Tinte geschriebene Botschaft enthält. Dr. Siris Neugier ist geweckt, und als er der Sache nachgeht, kommt er einem brisanten Geheimnis auf die Spur. Bei seinen Ermittlungen konsultiert er den Kartenleger und Transvestiten Tante Bpoo, schwimmt mit einem Delphin und verliert sein Herz an eine bezaubernde Frau ...
Auch der vierte Band rund um den ungewöhnlichen laotischen Leichenbeschauer Dr. Siri beginnt mit einem großen Rätsel für den einzigen Pathologen des Landes. Vor der Hauptpost in Vientiane wird ein blinder Mann überfahren, der dort regelmäßig Briefe abholte. Während es schon ungewöhnlich genug ist, dass ein Blinder regelmäßig den weiten Weg vom Land mit dem Bus in die Stadt auf sich nimmt, um dort Briefe aus einem Postfach zu holen, ist die Art seines Todes fast noch aufsehenerregender. Denn im Laos der siebziger Jahre gibt es so wenige Laster, dass ein Zusammenstoß zwischen einem Menschen und einem Automobil zu den unvorhersehbarsten Zufällen zu rechnen ist.
So kann Dr. Siri auch in diesem Fall seine Neugier nicht bezähmen und beginnt zu recherchieren. Dabei findet der Arzt nicht nur heraus, dass der blinde Mann bis vor Kurzem noch als Zahnarzt tätig war, sondern er vermutet auch, dass die Briefe geheime Nachrichten enthalten haben, die zu einer Verschwörung gegen die Regierung führen sollen. Gemeinsam mit dem Polizisten Phosy und seinem alten Freund Civilai beginnt Dr. Siri zu ermitteln, während er gleichzeitig in die Provinz Champasak abberufen wird, um den Tod des dortigen Gouverneurs zu untersuchen.
Dass die gesamten Ermittlungen nicht ohne die Einmischung der laotischen Geisterwelt vonstatten gehen, zu der Dr. Siri aufgrund seiner Verbindung zu einem legendären Schamanen ganz besonderen Kontakt hat, muss man beim vierten Teil dieser Reihe vermutlich gar nicht mehr erwähnen. Dabei trifft der agile Arzt dieses Mal bei seinen Nachforschungen auf eine alte Bekannte und wird auf vielerlei Art an seine Vergangenheit erinnert, als er noch zu den Revolutionären gehörte, die versuchten, die korrupte Monarchie zu stürzen.
Auch die Krankenschwester Dtui trägt wieder ihren Teil zu den Untersuchungen bei und bringt sich und den Polizisten Phosy mit all ihren Ideen in nicht gerade geringe Gefahr, während Dr. Siris bewährter Helfer in der Pathologie, Herr Geung, immer noch die Folgen seines tagelangen Fußmarsches auskurieren muss. So lebt auch dieser Roman wieder von dem wunderbaren Humor des Autors, den skurrilen und liebenswerten Nebenfiguren und dem fesselnden Einblick in dieses so fremde Land Laos.
Vor allem sticht in "Briefe an einen Blinden" ins Auge, dass die Stimmung in Laos langsam kippt. Die kommunistische Regierung ist schon seit einigen Monaten im Amt, aber zum Besseren hat sich nichts geändert. Stattdessen müssen die Laoten erleben, dass die alten monarchischen - und funktionierenden - Strukturen unachtsam zerstört wurden, ohne dass bislang auch nur Anstalten gemacht wurden, Ersatz zu schaffen. Und auf der anderen Seite entwickeln sich die kommunistischen Machthaber zu ebenso korrupten und willkürlichen Oberen, wie man sie schon aus den Zeiten vor der Revolution gekannt hat.
So ist es nicht verwunderlich, dass alte Aufständische wie Dr. Siri und sein Freund Civilai inzwischen sehr desillusioniert auf ihre neue Regierung blicken und die Hoffnung auf eine Verbesserung des Lebens in Laos schon fast verloren haben. Auf der anderen Seite fühlt sich der Mediziner verpflichtet, einen möglichen Putschversuch gegen die Kommunisten zu verhindern, da weitere Kämpfe dem geschwächten Land auf gar keinen Fall gut tun können. Es gelingt Colin Cotterill ganz wunderbar, all diese zwiespältigen Gefühle bei seinen Charakteren darzustellen und es dabei dem Leser selbst zu überlassen, ob er sich wünschen soll, dass Dr. Siri mit seinen Ermittlungen Erfolg hat oder nicht.
Neben der komplexen Geschichte rund um den Putschversuch, die stellenweise etwas abschweifend erzählt wird, sorgen die kleinen Szenen mit Dr. Siri und seinen Freunden oder die herzzerreißende Suche nach dem Grund für das Ertrinken eines Jungen für amüsante und spannende Abwechslung. Doch insgesamt ist dieser "Dr. Siri"-Band deutlich weniger leicht erzählt, als es die drei Vorgänger-Romane waren, was nichts an dem hohen Informations- und Unterhaltungswert dieses Buches ändert und beim Leser die Vorfreude auf weitere Geschichten rund um den ungewöhnlichen Pathologen Dr. Siri weiter anheizt.
Mit "Briefe an einen Blinden", dem vierten Roman rund um Dr. Siri, schlägt Colin Cotterill einen spürbar ernsteren Ton an, ohne dass dabei das Lesevergnügen getrübt würde. Während der ungewöhnliche laotische Pathologe sich nicht nur mit mehreren verdächtigen Todesfällen beschäftigen muss, mehren sich die Hinweise auf eine Verschwörung gegen die kommunistische Regierung. So darf sich der Leser gemeinsam mit Dr. Siri damit auseinandersetzen, was aus der laotischen Revolution geworden ist, die die korrupte Monarchie ablösen und das Leben für die Laoten zum Besseren wenden sollte. Zum Glück mischen auch die vertrauten Helfer des Pathologen wieder mit und so sorgen der Politiker Civilai, die Krankenschwester Dtui und der Polizist Phosy für amüsante und spannende Elemente in dieser ansonsten eher politischen Geschichte.